Abstieg in Raten

Den Argumenten für die Einführung der Doppik kann sich ein vernünftig denkender Mensch kaum verschließen. Wer möchte nicht die öffentlichen Haushalte - für die meisten Bürger und für viele Ratsmitglieder ohnehin ein Buch mit sieben Siegeln - transparenter machen?

Wer möchte nicht Produkte vergleichen können, damit er sieht, wo verschwenderisch mit Steuergeldern umgegangen und wo gut wirtschaftet wird? Wem liegt nicht am Herzen, dass künftige Generationen von Schuldenbergen verschont bleiben?

Der Denkansatz bei den Doppik-Vätern in Rheinland-Pfalz war, die Vorzüge des kaufmännischen Rechnens von Firmen in das Haushaltswesen einzubringen und es damit zukunftsfähig zu machen. Ob das, was Betriebswirtschaftler und Verwaltungsbeamte da miteinander verwoben haben, wirklich trägt, muss abgewartet werden. Mittel- oder langfristig könnten sich Erfolge einstellen. Ein großer Wurf ist die Reform nach den ersten Erfahrungen aber keineswegs. Die Einführung hat viel Geld und Personalaufwand gekostet; um das System zu verstehen, muss man ein halber Betriebswirtschaftler sein. Auf der Habenseite stehen Werte wie Sportplätze und Kanalrohre, die aber nichts wert sind, weil niemand sie kaufen möchte. Als Eigenkapital können diese jedoch mit den künftig zuhauf anfallenden nicht erwirtschafteten Abschreibungen verrechnet werden - buchhalterisch wohlgemerkt, da fließt in Wirklichkeit kein Euro. Es ist ein Abstieg in Raten: Wenn das Eigenkapital aufgebraucht ist - und das wird bei den meisten Kommunen früher oder später der Fall sein - , ist der Zustand der Insolvenz erreicht.

Betriebe und Kommunen gleichzusetzen, bedeutet Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Während Firmen betriebswirtschaftliche Entscheidungen auch unter dem Aspekt treffen, Steuern zu sparen, geht das bei Städten und Gemeinden nicht. Ihr Hauptziel ist es, in ihre Entwicklung und die ihrer Bürger zu investieren. Das wird aber durch die Doppik erschwert, weil Unterhaltungsmaßnahmen nicht mehr als Investition gelten und dementsprechend dafür keine Kredite mehr aufgenommen werden dürfen. Was nützt es einer Kommune, wenn sie stets auf dem Laufenden über den Wert ihrer Güter ist, wenn es einen Investitionsstau bei Neuanschaffungen gibt?

Einen faden Beigeschmack bei der Reform hat das Land auch selbst zu verantworten: Von seinen Kreisen, Städten und Gemeinden fordert es den Kraftakt, bleibt aber selbst außen vor.

a.follmann@volksfreund.de

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