Auch zwei Zuhause sind zu Hause

"Wechselmodell" mit Vor- und Nachteilen.

Immer mehr Väter wollen Verantwortung für die Familie übernehmen und Nähe zu ihren Kindern. Auch nach einer Scheidung. Der Wochenend-Papa für den Zoobesuch stirbt langsam aus. Das "Wechselmodell", bei dem Trennungskinder in einem bestimmten Rhythmus, meist wochenweise, mal bei dem einen, mal bei dem anderen Elternteil betreut werden, ist dafür die richtige Form. Es erlaubt beiden, mit den Kindern wirklich Alltag zu leben. Natürlich geht das längst nicht immer. Die Eltern müssen dazu kooperieren, beide müssen die Kinder betreuen können, sie dürfen nicht zu weit auseinander wohnen, und es ist auch nicht billig. Schließlich braucht man zwei Kinderzimmer. Väter, die denken, sich so Unterhaltszahlungen ersparen zu können, erliegen einer Milchmädchenrechnung. Skandinavien, wo das Modell gesetzlich verankert ist, zeigt mit einem Anteil von gut einem Drittel aber, wie groß der Bedarf sein kann.
Hierzulande gibt es dagegen eine irrationale Ablehnung. Es heißt, dem Kind fehle das Zuhause. Aber auch zwei Zuhause können Geborgenheit bieten. Die derzeitige Rechtslage gibt der Mutter letztlich noch immer Vorrang beim Umgang. Manchmal wird das dazu genutzt, um dem Vater das Kind aus Rache zu entziehen. Wenn zuvor in der Ehe Gleichberechtigung tatsächlich gelebt wurde und der Vater viel Zeit in die Kinderbetreuung gesteckt hat, ist die Berufung auf ein angeblich natürliches Mütterrecht im Fall der Trennung besonders grotesk. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner jüngsten Entscheidung nun hinter diese Praxis ein dickes Fragezeichen gesetzt. Es wird Zeit, den grundsätzlichen Anspruch beider Seiten auf einen wechselnden Umgang endlich gesetzlich zu regeln. Im Einzelfall müssen dann sowieso die Familiengerichte entscheiden. Zum Wohl des Kindes.

nachrichten.red@volskfreund.de

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