Besuch im Wahlkampf

Berlin täte gut daran, Barack Obama nicht vor dem Brandenburger Tor sprechen zu lassen. Auch wenn viele Deutsche in dem Demokraten bereits den neuen US-Präsidenten sehen oder sich dies wünschen - das deutsche Wahrzeichen sollte nicht als Kulisse für eine Inszenierung des US-Präsidentschaftswahlkampfs herhalten müssen.

John McCain, der andere Kandidat, und seine Republikaner wären zu Recht verstimmt angesichts einer solchen Berliner Schützenhilfe.Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung - höflich formuliert - skeptisch gegenüber einem Auftritt Obamas vor dem Tor ist. In Wahrheit ist sie dagegen. Sie muss schließlich mit dem neuen Präsidenten später Politik machen, nicht der Berliner Senat. Und noch ist ja nicht ausgemacht, wer wirklich das Rennen um die Präsidentschaft gewinnen wird. Hinzu kommt: Bislang ist es gewählten Präsidenten vorbehalten gewesen, vor dem Tor Reden zu halten. Das ist Tradition. Gewährt man Obama diese Ehre, schafft man einen Präzedenzfall - und vermutlich würde sich irgendwann die Frage stellen, beim welchem ausländischen Wahlkämpfer sagt man Ja, und bei wem noch Nein.

Sicher ist: Der Obama-Besuch wird auch von deutscher Seite ein Wettkampf um die schönsten Bilder mit dem Kandidaten werden. Kanzlerin Merkel gegen Außenminister Steinmeier, und vorne weg der mediengalante Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Schließlich ist hierzulande bereits Vorwahlkampf. Gut möglich, dass sich Obama dann verweigert, wenn man ihn nicht vor das Brandenburger Tor lässt. Hinter den Kulissen dürfte daher noch kräftig gepokert werden.

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