Brüssel, übernehmen Sie bitte

Bei der Kontrolle der Autobranche versagt der Nationalstaat.

 Markus Grabitz

Markus Grabitz

Foto: Redaktion

Europapolitik mag sperrig sein. Es gibt aber Prinzipien, die durchaus einleuchtend sind und sich bewährt haben. Zum Beispiel das Prinzip von der Subsidiarität. Dies bedeutet: Die Brüsseler EU-Kommission darf sich nur dann einmischen, wenn ein Problem nicht ebenso gut auf einer niedrigeren staatlichen Ebene gelöst werden kann. Zu gut deutsch: Kommune, Land oder Bund - ihr seid am Zuge, wenn ihr es denn könnt.

Im Bereich der Marktaufsicht, der Kontrolle der mächtigen Automobilhersteller hat sich in jüngerer Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass der Staat es in Deutschland eben nicht kann. Die Bundesregierung und die nachgeordneten Behörden schaffen es nicht, dafür zu sorgen, dass teils seit Jahren EU-weit gültige Vorschriften und Gesetze gegenüber den Autokonzernen auch angewendet werden.

Zwei Beispiele: Daimler versuchte sich 2013 davor zu drücken, das von der EU vorgeschriebene neue Kältemittel für Klimaanlagen einzusetzen. Und durfte dabei mit der Rückendeckung der nationalen Zulassungsbehörden rechnen. Und: Obwohl Schummelsoftware zum Verfälschen von Abgastests seit Jahren verboten ist, ließen die deutschen nationalen Zulassungsbehörden den VW-Konzern mit dem millionenfachen Betrug an Verbrauchern und Umwelt gewähren. Das Prinzip ist das gleiche: Wegschauen, Kungeln, aus falsch verstandener Solidarität Rücksicht nehmen auf die heimische Industrie.

Das geht bis heute so. Die 8,5 Millionen geschädigten Verbraucher in der EU, die ein Fahrzeug des VW-Konzerns mit Schummelsoftware gekauft haben, dürfen nicht auf Unterstützung von der Bundesregierung hoffen.

Wiedergutmachung? Eine Geste des VW-Konzerns an die geschädigten Kunden? Fehlanzeige. Berlin legt sich in die Ackerfurche. Niemand darf sich wundern. Thomas Steg, vor kurzem noch Vize-Sprecher der Bundesregierung, ist oberster Lobbyist bei VW. Dies zeigt: Die Bundesregierung versagt bei der Marktaufsicht in der Automobilbranche. Es ist höchste Zeit, dass sich Brüssel einmischt. nachrichten.red@volksfreund.de

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