Das Misstrauen wächst

Der Zufall wollte es so: Just am gleichen Tag, an dem das Parlament über die Schnüffelpraxis der Telekom debattierte, verabschiedete das Bundeskabinett ein weiteres Mammut-Gesetz zur heimlichen Durchleuchtung der Bürger.

Von der Wohnraumüberwachung per Video über die Ausweitung des Lauschangriffs bis zur Ausspähung privater Computer soll dem Bundeskriminalamt künftig ein ganzes Bündel von Fahndungsmethoden gegen terroristische Gefahren zur Verfügung stehen. Damit wird aus der Behörde so etwas wie ein deutsches FBI.

Sicher, die Bedrohung durch islamistische Anschläge ist nicht gebannt. Dennoch stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das Bundesverfassungsgericht hat die Online-Durchsuchung unter strengen Auflagen erlaubt. Die Regierung hat daraus ein Muss gemacht. Solange sich die Ermittlungen tatsächlich auf potenzielle Terroristen beschränken, mag das in Ordnung gehen. Doch wer wollte seine Hand dafür ins Feuer legen? Mit der steigenden Datenflut wächst auch die Gefahr des Missbrauchs. Nach einer aktuellen Umfrage hat die Hälfte der Bundesbürger ein Problem mit Anrufen bei öffentlichen Beratungsstellen. Grund ist ein seit Jahresbeginn geltendes Gesetz, wonach sämtliche telefonische Verbindungsdaten für ein halbes Jahr gespeichert bleiben. Mit dem Sicherheitswahn nimmt also auch das Misstrauen gegenüber dem Staat zu. Die Möglichkeit zum heimlichen Ausspionieren des Computers dürfte dieses ungute Gefühl noch verstärken.Nicht dem Telefon, sondern ihrer Festplatte vertrauen viele Menschen mittlerweile ihre intimsten Geheimnisse an. Nun droht auch diese "virtuelle Wohnung" gläsern zu werden. Ein Trauerspiel.

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