Das blaue Auge bleibt

Warum SPD-Innenminister Roger Lewentz gewarnt bleiben muss

So manch ein alter Weggefährte von Roger Lewentz erkannte den Innenminister Mitte Juli diesen Jahres nicht wieder. Es war der Tag des Misstrauensantrags gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, wegen des gescheiterten Hahn-Deals mit dem chinesischen Investor SYT. Schon nach kurzer Zeit drohte die so junge rheinland-pfälzische Ampelkoalition zu zerbrechen. Lewentz saß an dem Tag mit bleichem Gesicht und regungsloser Miene auf der Mainzer Regierungsbank. Doch er durfte durchatmen. Dreyer blieb im Amt, die Koalition zeigte sich gefestigt - und der Minister stand erstmal außerhalb der öffentlichen Schussslinie.
Mit dem Tag muss man anfangen, um die deutliche Wiederwahl von Roger Lewentz zum Landesvorsitzenden beim SPD-Parteitag in Ludwigshafen auch verstehen zu können. So manch ein CDU-Abgeordneter ärgert sich heute noch darüber, den Antrag gegen Dreyer gestellt zu haben. Lieber, so heißt es dann, hätte die Union das "schärfste Schwert des Parlaments" gegen den Minister eingesetzt, weil sein politisches Schicksal besiegelt schien. Als einzigen Fehler beim verpatzten Hahn-Deal an den chinesischen Bieter SYT nur das blinde Vertrauen in die Wirtschaftsberater zu nennen, wie Lewentz es in Ludwigshafen tat, greift da zu kurz.

Natürlich hat das Innenministerium mehr gravierende Fehler gemacht. Sich nicht selber vor Ort einen präziseren Eindruck von Bietern zu verschaffen, war ein solcher und peinlicher. Journalisten fanden später in Shanghai Pappkartons vor, das Ministerium saß in Mainz. Von der KPMG steht der Vorwurf im Raum, das Land habe Zeitdruck im Verkaufsverfahren gemacht. Lewentz widersprach den Vorwürfen - und hat dann aus Fehlern gelernt.

Das unglückselige Verhältnis mit der KPMG ist Geschichte. Das Kabinett tauscht sich inzwischen enger aus. Auch das Wirtschaftsministerium unter FDP-Minister Volker Wissing hat Mitarbeiter abgestellt, die den Flughafen-Verkauf unter die Lupe nehmen. Der neue Wirtschaftsberater darf sich gründlich bei Bietern umsehen. Und dann wehte der politische Wind noch zu Gunsten des Ministers. Das Schlaglicht fällt früh auf die Bundestagswahl - und die Angriffslust der Landes-CDU hat unter den Spenden von Ex-Geheimagent Mauss gelitten.

Über den Berg ist der Minister aber noch nicht, trotz des Votums der eigenen Partei. Nach wie vor hängt seine Zukunft am Hahn. Besonders daran, dass die Regierung nicht erneut auf einen windigen Geldgeber reinfällt. Die nächsten Wochen werden so erst zur wahren Aufgabe von Roger Lewentz. Ein blaues Auge bleibt. Folgt ein zweites, wäre sein Aus unvermeidlich. f.schlecht@volksfreund.de

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