Das hat Annette Schavan nicht verdient

Es ist etwas anderes, ob jemand ein Luftikus ist wie Karl-Theodor zu Guttenberg, der, weil er den Titel unbedingt für seine Karriere haben wollte, seinen Doktor mit dem systematischen Kopieren verheimlichter Quellen gemacht hat. Oder ob sich, wie bei Annette Schavan, Experten über eine 32 Jahre alte Dissertation hermachen und dort Ungereimtheiten entdecken, die unter ihnen selbst umstritten sind.

Die einen sprechen von Plagiat, die anderen nennen es bloß unsauberes Zitieren, die Dritten wiederum sehen ein völlig den damaligen Maßstäben entsprechendes Vorgehen. Die Arbeit trägt ausgerechnet den Titel "Person und Gewissen". Um beides geht es nun. Sicher, Annette Schavan könnte, wenn ihr der Doktortitel aberkannt würde, nicht mehr Wissenschaftsministerin sein, einfach, weil sie in der Wissenschaftswelt keine Autorität mehr hätte. Aber ihr politisches Ende müsste das nicht sein. Denn da ist auch noch eine Persönlichkeit, die sich seit 32 Jahren große Anerkennung erworben hat, ganz unabhängig von ihrem Doktortitel. Die CDU-Politikerin hat schnelle Vorverurteilungen jedenfalls nicht verdient. Die Rücktrittsforderungen der SPD kommen zu früh und sind zu durchsichtig. Jeder, auch jeder Politiker und jeder Journalist, möge sich doch selbst prüfen, welche Unsauberkeiten er vielleicht vor 32 Jahren begangen hat - nach heutigen Maßstäben. Beim Abi gemogelt? Nicht alles beim Vorstellungsgespräch gesagt? Vor dem Bund gedrückt? Nur eine ruhige, sachliche Prüfung durch die Universität Düsseldorf kann den Sachverhalt aufklären. Und die Universität tut gut daran, dabei nicht erneut durch Indiskretionen mit dem guten Ruf der Ministerin zu spielen. nachrichten.red@volksfreund.de

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