Den Urwald im Tank

Wieder stirbt ein Menschheitstraum. Der nämlich, dass man beim Benzinverbrauch einfach so weitermachen könne wie bisher, auch wenn die Ölquellen versiegt sind. Der Sprit wächst auf den Feldern, die Bauern sind die Scheichs von morgen.

Und das alles ist klimaneutral, weil nachwachsend. So glaubte man. Das funktioniert technisch schon nicht, wie das blamable Scheitern der Biospritverordnung des Umweltministers zeigt. Das funktioniert aber auch ökonomisch nicht. Die Märkte sind nicht so. Palmöl aus abgeholzten Urwäldern Brasiliens ist billiger als Rapsöl aus deutschen Landen. Und so beginnt überall das, was man Nutzungskonkurrenz nennt. Je teurer das Benzin, desto gewinnbringender die Agrarproduktion für den Tank statt für den Teller. Am Ende stimmt die Klimabilanz nicht, am Ende ist der Schaden größer als der Nutzen. Die nun geplante Nachhaltigkeitsverordnung soll diesem Mechanismus einen Riegel vorschieben. Unterstellt, sie werde durchsetzbar sein, bedeutet dies, dass die Biomasse für die Energieversorgung der Zukunft eine wesentlich kleinere Rolle spielen wird als erwartet. Und schon wird der nächste Traum geträumt, der vom Biosprit der zweiten Generation, hergestellt aus Abfällen. Die Gefahr solcher Träume ist, dass sie Nebenwirkungen bergen. Und die Gefahr ist, dass sie von den eigentlichen Möglichkeiten ablenken, also unserem Planeten Zeit stehlen, die er nicht mehr hat. Es gibt auf der Erde genug saubere Energie. CO{-2}-frei, ungefährlich und ohne Rückstände. Das sind Wind, Sonne, Gezeiten, Erdwärme, Wasserkraft. Die Umstellung von der Verbrennungs-Ökonomie, auch der Verbrennung nachwachsender Rohstoffe, zur Elektro-Wirtschaft aus erneuerbaren Quellen kommt aber nur quälend langsam voran. Stattdessen glaubt man - wie bei der Biomasse - an immer neue Verbrennungs-Techniken, deren Folgen man weder überschaut noch beherrscht. Die Entwicklung CO{-2}-freier Kohlekraftwerke, bei denen die Abgase in die Erde versenkt werden, ist noch so ein fragwürdiges Projekt. Es ist sogar die zentrale Strategie dieser klimapolitisch angeblich so engagierten Bundesregierung. Gewiss, eine schnelle Totalumstellung kann es nicht geben. Die ökonomischen und sozialen Verwerfungen, die mit einer Energiewende verbunden sind, müssen beherrschbar bleiben. Aber was auch nicht geschehen darf, ist, dass das eigentliche Fernziel einer absolut sauberen Energieherstellung vergessen und verdrängt wird. nachrichten.red@volksfreund.de

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