Der Club der Blamierten

Was für eine Blamage. Für die CSU und den Freistaat Bayern, der blind und mit Gottvertrauen vor nur sechs Monaten eine damals schon zweifelhafte Realisierungsvereinbarung mit der Industrie abschloss, um dem scheidenden Landesvater Edmund Stoiber ein Denkmal in Form des Münchner Transrapids zu setzen.

Das Aus der Magnetschwebebahn passt ins wirre politische Bild, das die Christsozialen im Süden derzeit bieten - die CSU und Stoibers Erben müssen jetzt mit bangem Blick auf die Landtagswahlen im Herbst schauen.

Noch mehr ist das Scheitern des Transrapids ein Debakel für die Industrie, die in kürzester Zeit einen peinlichen Offenbarungseid geleistet hat. Die lapidarste aller Fragen drängt sich förmlich auf: Wie ist es eigentlich um die Rechenkünste der beteiligten Unternehmen bestellt, wenn sich sämtliche Kalkulationen von September bis März mal eben in Luft auflösen? Dass Projekte meist teurer werden als veranschlagt, geschenkt. Der Steuerzahler kann davon ein Lied singen. Die milliardenschwere Dimension der Fehleinschätzung beim Transrapid dürfte indes historisch einmalig sein, ja, sie ist erschreckend. Deshalb hat mit dem gestrigen Tage auch der Glaube in die Fähigkeiten der Wirtschaftselite weiter massiv gelitten.Der Dritte im Club der Blamierten ist Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Gewiss, Tiefensee hat damals im September zur Vorsicht gemahnt und die Parole ausgegeben, keinen Euro mehr vom Bund als 925 Millionen. Darauf kann er sich jetzt zurückziehen. Aber auch der Minister muss sich vorwerfen lassen, die Chancen für den Bau des Transrapids in Deutschland stets falsch weil viel zu optimistisch eingeschätzt zu haben. Hinzu kommt, dass der gestrige Paukenschlag in Tiefensees Leistungsbilanz passt: Bahnprivatisierung gescheitert, die Flugsicherungsreform nach seinen Vorstellungen daneben gegangen, der Aufbau Ost geht nicht voran, die vielen Unzufriedenen in den eigenen Reihen, die mit dem blassen und wirkungsarmen Minister hadern, werden sich bestätigt fühlen.

Damit nicht genug: Immer noch redet Tiefensee von der internationalen Vermarktung der Technologie, immer noch lässt er sich vor den Karren der Industrie spannen, die mit dieser Nebelkerze gestern wieder versucht hat, das Debakel ein wenig zu beschönigen und die bisherigen Milliarden-Investitionen zu rechtfertigen. Wo sind die Käufer denn, liebe Bosse? Welche Länder wollen die Schwebebahn denn tatsächlich bauen? Der Industriestandort Deutschland als Ganzes hat gestern eine Pleite sondergleichen erlitten, national wie international. Das ist die Wahrheit.

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