Der Gute und die Bösen

Barack Obama hat bei seiner Abschiedsreise noch einmal deutlich gemacht, wofür er in der Weltpolitik steht. Für Demokratie, für die Zusammenarbeit der Völker, für die friedliche Lösung von Konflikten.

Für ein zivilisiertes, verantwortliches Miteinander auf diesem Globus, möglichst ohne Atomwaffen. Sein Verständnis von Diplomatie gründet auf Werten - dafür hat er den Friedensnobelpreis bekommen, schon kurz nach seinem Amtsantritt. Die Realität, sieben Jahre später, lässt ihn freilich wie einen Träumer erscheinen. Es brennt überall.
Obamas Versuch war nett gemeint, aber es ist besser, dass er nun beendet wird. Denn er hat ein klares Ergebnis gebracht: Die Welt braucht nicht nur Werte in der Außenpolitik, sondern auch klare Führung. Und zwar amerikanische Führung. Wohl wahr, George W. Bushs amerikazentrierte, auf Gewalt setzende Außenpolitik hat nichts als Verdruss gebracht, vor allem im Irak. Aber Obama hat das Pendel zu weit in die andere Richtung ausschlagen lassen.
Es gibt nicht nur die Guten. Es gibt auch die Bösen. Wo Amerika Raum gegeben hat, sind sie vorgestoßen. Russland in der Ukraine und in Syrien. Der Iran im Irak und Saudi-Arabien im Jemen. China mit seinem Säbelrasseln im Südchinesischen Meer. Nordkorea und sein Atomprogramm. Sie alle fühlten sich ermuntert, haben gedacht, sie könnten freier schalten und walten, nun, da im Weißen Haus einer regiert, der redet und nicht schießt. Der Rückzug aus dem Irak rief den IS auf den Plan, der aus Afghanistan hat die Taliban wieder stark gemacht. Dass Obama im Lauf seiner Amtszeit den verdeckten Drohnenkrieg immer mehr ausweiten und im Baltikum und in Syrien militärisch wieder umsteuern musste, zeigt nur, dass er das selbst eingesehen hat.
Zu sehr hat der US-Präsident auch auf die gesetzt, die er gestern in Berlin zum letzten Mal traf, die anderen westlichen Partner, vor allem die Europäer. Er dachte, er bilde mit ihnen eine Wertegemeinschaft. Das stimmte zwar. Aber es war nicht auch zugleich eine Verantwortungsgemeinschaft. De facto hat er den Europäern die Lösung des Ukraine-Konflikts sowie der Probleme in der Subsahara und Nordafrika überlassen. Und sich selbst lieber auf den pazifischen Raum konzentriert. Doch die Europäer sind mit so viel Verantwortung vollkommen überfordert. Obama hätte das wissen müssen. Europa ist ohne die Führungsmacht Amerika weder militärisch noch politisch handlungsfähig. In Libyen hat sich das gezeigt, wo die Briten und die Franzosen den Diktator Gaddafi mit US-Hilfe wegbombardierten. Aber keinen Plan für die Zeit danach hatten.
Es stehen gegen diese Negativbilanz unbestreitbare Erfolge: die Entspannung mit Kuba, das Atomabkommen mit dem Iran. Sie sind aber vergleichsweise verletzlich; Trump kann sie leicht rückgängig machen. Eine nachhaltige neue US-Außenpolitik, die seinem Land und der Welt nützt, hat Obama nicht geschaffen. Eine, die Werte hat, aber auch Waffen. Die multilateral ist, aber auch Führungsverantwortung übernimmt. Die an das Gute in der Welt glaubt, aber das Böse nicht übersieht. Die eine funktionierende transatlantische Partnerschaft bildet. Vielleicht sollte ein US-Präsident in dieser Welt besser nicht Friedensnobelpreisträger sein.
nachrichten.red@volksfreund.de

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