Die Kraft des Faktischen

Vor ein paar Monaten wäre die Umfrage wahrscheinlich noch ganz anders ausgegangen. Doch die Kraft des Faktischen hat offenbar die meisten Bürger zum Umdenken bewegt: 81 Prozent der Deutschen sprechen sich nach einer aktuellen Erhebung der ARD für eine stärkere Videoüberwachung an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen aus.

Nicht einmal jeder fünfte Bürger votierte dagegen. Der versuchte Bombenanschlag von Bonn in der vergangenen Woche hat seine Wirkung in den Köpfen nicht verfehlt. Dabei ist es ohnehin schwer begreiflich, warum die elektronischen Augen in Deutschland vergleichsweise sparsam zum Einsatz kommen. An der Angst vor einem "gläsernen Bürger" kann es jedenfalls nicht liegen, wenn man bedenkt, was bei Facebook oder Twitter alles an persönlichen Informationen zur Schau gestellt wird. Das bloße Abfilmen im öffentlichen Raum scheint da noch das geringste Problem zu sein. Obendrein belegen kriminelle Vorgänge im In- und Ausland, dass eine Videoüberwachung dazu beiträgt, der Täter zügig habhaft zu werden. So war es bei den Kofferbombern vor sechs Jahren in Köln, so war es bei einem Terroranschlag in England ein Jahr zuvor. Nicht einmal gesetzliche Verschärfungen sind dafür nötig. Wohl aber die nötigen Mittel. Denn eine Videoüberwachung mit Speicherungsmöglichkeit kostet Geld. Vor allem deshalb schieben sich Bahn und Bundespolizei wechselseitig den Schwarzen Peter zu, wer von ihnen im Falle des jüngsten Attentatsversuchs in Bonn versagt hat. Klar muss allerdings auch sein, dass es sich nur um eine Hilfsmaßnahme handelt. Wer glaubt, durch Kameras auf Straßen und Plätzen ließe sich bei der Polizei sparen, der irrt gewaltig. Die Elektronik eignet sich zur Aufklärung einer Straftat. Die Präsenz von Sicherheitskräften kann indes dafür sorgen, dass es erst gar nicht zur Straftat kommt. nachrichten.red@volksfreund.de

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