Die Krise geht ihren Weg

Die Finanzwelt ist in Aufruhr: Nach der Pleite der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers und dem Notverkauf der drittgrößten Investmentbank Merrill Lynch an die Bank of America sind gestern die Aktienmärkte rund um den Globus eingebrochen.



"Schockwellen erschüttern die Finanzwelt", ein "schwarzer Montag an der Wall-Street" titeln die US-Medien. Keine Frage, das Vertrauen in US-Banken und -Versicherer ist nachhaltig gestört. Diese Entwicklung hat sich seit Monaten abgezeichnet, doch bisher sprangen US-Regierung und Notenbank den bedrängten Finanz-Instituten zur Seite, schossen Milliarden Dollar in den Markt und stützten die Gestrauchelten.

So hat die US-Regierung zunächst ein krankes System gerettet, den Niedergang verzögert und das Geld seiner Bürger verplempert. Erst half die amerikanische Regierung der verlustreichen Bank Bear Sterns, damit die JP Morgan Chase die Pleitebank übernahm. Runde 30 Milliarden Dollar zahlten dafür die US-Bürger. Und gerade hat die US-Regierung dann die konkursreifen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac übernommen, samt Milliarden-Lücken in den Büchern.

Haben US-Finanzminister Henry Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke nun begriffen, dass sie die strauchelnde Wall Street nicht retten können? Mit der Pleite von Lehman ist die Krise nämlich noch längst nicht ausgestanden. Schon ranken sich Gerüchte um die American International Group, einen der weltgrößten Versicherer. Das Institut soll die US-Notenbank um einen Überbrückungskredit von 40 Milliarden Dollar gebeten haben. Kommt also heute schon nach dem "schwarzen Montag" der "schwarze Dienstag"?

Für deutsche Verbraucher stellt sich die Frage, was diese Entwicklung für sie bedeutet. Ungeschoren werden auch deutsche Banken nicht aus der weltweiten Krise hervorgehen. Doch Kleinanleger und Normalsparer müssen zunächst nicht um ihre "Spargroschen" fürchten. Kurzfristig können sie sich sogar freuen und sich zu den "Kriegsgewinnlern" zählen. Der Ölpreis ist als Reaktion auf die Finanzkrise und die schwache Konjunktur unter die 95-Dollar-Marke gefallen. Wer Sparverträge oder Aktienfonds mit monatlicher Sparrate angelegt hat, sollte Ruhe bewahren. Solche Langfrist-Anlagen profitieren jetzt davon, dass die Anteile günstig gekauft werden und später - bei einem Anstieg - mehr wert sind. Wer aber Aktienpakete besitzt und kurzfristig an diese Werte heran muss, sollte dringend seine Anlage-Situation neu planen. Denn kurzfristig wird sich die Lage an den Finanzmärkten nicht erholen. Die Gier der Manager müssen nun Millionen von Kleinanlegern zahlen. Die Zeichen stehen auf Rezession, in den USA, in England und in anderen europäischen Ländern. Diese Abkühlung wird auch die deutsche Wirtschaft treffen und Auswirkungen auf jeden von uns haben.

Es wird viele gute Nachrichten brauchen, bevor der Abwärtstrend gestoppt ist. Die erste Hoffnung ist, dass Deutschland bei dieser Krise besser wegkommt als andere Staaten.

h.waschbuesch@volksfreund.de

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