Die Mär von der gerechten Rente

Die Rentenreformen der jüngeren Vergangenheit sind stets mit Einschnitten verbunden gewesen. Nicht, um die Älteren zu ärgern, sondern um den Generationenvertrag im Lot zu halten.

Also den Anspruch einer leidlich auskömmlichen Rente bei gleichzeitig zumutbaren Beiträgen. Im Ergebnis steigen die Renten für die heutigen Ruheständler langsamer, während sich die Jüngeren auf eine zusätzliche Privatvorsorge einstellen sollen, um ihren späteren Lebensabend abzusichern.
Das ist im Kern vernünftig. Denn wenn die Zahl der Älteren immer größer wird und die der Beitragszahler immer kleiner, darf Politik nicht so tun, als könne alles beim Alten bleiben.
Das aktuelle Rentenpaket ist dazu angetan, diese Vorsätze über Bord zu werfen. Es kommt unter dem Schlagwort der Gerechtigkeit daher und produziert doch nur neue Ungerechtigkeiten. So sehr den älteren Müttern eine Rentenaufstockung wegen ihrer Kindererziehungszeiten gegönnt sei, so unsinnig ist es, die Lasten dafür den Beitragszahlern aufzubürden. Kinder sind die Zukunft einer Gesellschaft, deshalb müssen die Kosten auch auf breite Schultern verteilt werden. Übrigens auch auf jene, welche die Mütterrente beschließen wollen. Bundestagsabgeordnete zahlen nicht in die Rentenkasse ein, wohl aber zahlen sie Steuern - so wie jeder ab einem bestimmten Einkommen.
Das gleiche Problem stellt sich auch bei der geplanten, abschlagsfreien Rente mit 63. Denn dem vorzeitigen Renteneintritt stehen keine dafür gezahlten Beiträge gegenüber. Deshalb gibt es bislang Abschläge, um der längeren Rentendauer Rechnung zu tragen. Wenn dieser Mechanismus nun über Bord geworfen werden soll, dann müsste dafür eigentlich ebenfalls der Steuerbürger aufkommen und nicht der Beitragszahler.
Noch besser wäre allerdings, die abschlagsfreie Rente mit 63 komplett zu kippen. Denn wer 45 Versicherungsjahre hat, kann heute schon mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen. Den viel zitierten "Malochern" nützt die 63er-Rente ohnehin am wenigsten, weil sie oft schon vorher wegen ihrer angegriffenen Gesundheit aus dem Job ausscheiden. Vollends absurd ist der Plan von Andrea Nahles, in die Rente mit 63 auch Zeiten der Arbeitslosigkeit einzubeziehen. Nicht nur, dass die Ministerin damit der ungewünschten Frühverrentung Tür und Tor öffnet, aber selbst keine schlüssige Idee hat, wie man sie geschlossen halten könnte. Ihr Plan beißt sich auch mit der eigenen Argumentation, wonach die 63er-Lösung doch für die gedacht sei, die "ein Leben lang hart gearbeitet" haben. Ja, was denn nun?
Noch nie wurde mit dem Schlagwort der Gerechtigkeit politisch so viel Schindluder getrieben wie bei dieser Rentenreform. Das ist das traurige Fazit eines angeblich doch nur gut gemeinten Gesetzes.
nachrichten.red@volksfreund.de

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