Die dreifache Basis des Erfolgs

Zum Jahresabschluss gibt sich sogar der Dax versöhnlich, die Arbeitslosenstatistik war es die ganze Zeit schon.

Als ob die deutsche Wirtschaft gepanzert wäre, so prallt der beispiellose Wachstumseinbruch um über fünf Prozent an ihr ab. Die Vermögenden haben verloren, aber das produktive Kapital ist weitgehend intakt geblieben. Die Stammbelegschaften sind dank Kurzarbeit alle noch da und warten darauf, wieder in die Hände spucken zu können. Sicher, es wird noch manches Gemetzel geben, regional und in einzelnen Branchen. Außerdem ist klar, dass die Arbeitslosigkeit 2010 deutlicher steigen wird. Aber insgesamt gesehen ist die deutsche Wirtschaft viel robuster als gedacht.

Wenn Politik und Gesellschaft aus dieser Erfahrung die richtigen Lehren ziehen, kann Deutschland tatsächlich stärker aus der Krise herauskommen, als es in sie hineingegangen ist. Erstens: Die industrielle Basis sollte niemals zugunsten anderer Orientierungen gefährdet oder gar aufgegeben werden. Und es wäre ein Fehler, irgendeine Industrie zu früh für tot zu erklären. Wo wären wir jetzt, wenn unser Wohlstand von der sogenannten Finanzindustrie abhinge wie in England? Oder wenn wir die Produktion so heruntergefahren hätten wie die USA, die fast alles auf Pump kaufen müssen?

Innovation, Qualität, Kundenorientierung, das sind die drei Eigenschaften, auf denen die deutschen Erfolge basieren. Die mittelständische Industrie und die Sozialpartnerschaft sind die adäquate, flexible Organisationsform dafür.

Zweitens: Die Exportabhängigkeit Deutschlands ist kein wirkliches Problem. Denn zu 70 Prozent gehen die deutschen Exporte in die europäischen Nachbarländer, zu 51 Prozent in die alte EU-15. Also in einen Raum, dessen Stabilität Deutschland selbst mit beeinflussen kann. Freilich, der große deutsche Handelsbilanzüberschuss auch innerhalb Europas zeigt, dass der Binnenkonsum hierzulande viel zu schwach ist. Zum Teil ist die deutsche Vormachtstellung mit Lohnzurückhaltung erkauft worden. Das muss in den nächsten Jahren behutsam korrigiert werden. Union, FDP und SPD sollten ihren Streit begraben: Eigentlich müssten jetzt sowohl kräftigere Lohnzuwächse als auch Entlastungen der kleinen und mittleren Einkommen von Steuern und Abgaben auf der Tagesordnung stehen. Allerdings sind für Steuersenkungen die Spielräume gering. Denn, und das ist die dritte Erkenntnis, es muss dringend mehr Geld in die Bildung investiert werden. Vielleicht muss an anderer Stelle mehr gespart werden, bei Subventionen zum Beispiel. Wissen jedenfalls ist die Substanz der wirtschaftlichen Erfolge und diese Substanz wird immer mehr aufgezehrt. Zumal die Konkurrenz nicht schläft, wie Indien und China beweisen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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