Ein Ass in Merkels Ärmel?

Wer am Mittwoch in Dresden mit dem großen Kampf rechnet, der wird enttäuscht werden. Der Bildungsgipfel von Bund und Ländern wird sich nicht in grundsätzlichen Kompetenzfragen verheddern.

Die Länder werden sich darauf nicht einlassen, wie sie allenthalben schon verkündet haben, und Kanzlerin Merkel sowie die zuständige Bundesministerin Annette Schavan werden sich freiwillig keine blutigen Nasen holen wollen. Das bedeutet aber nicht, dass die Liste der Themen nicht lang wäre. In Dresden wird sich zeigen, ob Bund und Länder über den föderalen Trennstrich hinaus endlich begriffen haben, dass die Bildung in der großen Krise steckt und zu einer gesamtstaatlichen Aufgabe geworden ist - so wie die Rettung der Banken.

Die Erwartungen sind immens, Dutzende von Papieren kursieren, in denen aufgelistet ist, was getan werden muss. Kaum ein Verband, kaum eine Institution, die nicht ihre Wunschzettel vorlegen: für Kindergärten, Schulen, berufliche Bildung und Universitäten. Viel ist auch in der Politik die Rede von frühkindlicher Bildung und Sprachförderung, vom Ausbau der Ganztagsschulen, von lebenslangem Lernen und der Pflicht, Jugendliche vom Schulabbruch abzuhalten und mehr junge Menschen an die Universitäten zu bringen. Doch damit es nicht nur bei den Absichten bleibt, ist Geld notwendig. Und genau darüber herrscht ein hartes, föderales Gerangel zwischen Bund und Ländern.

Merkels forsche Gangart ist besonders den Kultusministern sauer aufgestoßen. Sie sehen sich einmal mehr als bildungspolitische Deppen vorgeführt, weil sich Merkel zur Bildungskanzlerin stilisiert hat. Die Ministerpräsidenten indes haben die Reise der Kanzlerin an Kitas, Schulen und Unis eher mit aufreizender Gelassenheit begleitet. Nicht die Länder stehen aus Sicht der Staatskanzleien nun in der Pflicht, sondern Merkel. Sie muss den Landesfürsten etwas bieten, damit der Gipfel für sie persönlich ein Erfolg wird. Am besten einen höheren Anteil am Mehrwertsteuer-Aufkommen. Doch das hat die Kanzlerin schon abgelehnt. Über Steuermilliarden will sie nicht verhandeln. Man darf trotzdem gespannt sein, welches finanzielle Ass Merkel aus dem Ärmel ziehen wird. Nur so wird sie dem Vorwurf der Show-Veranstaltung entgehen und zugleich die Länder unter Druck setzen können, ihren Beitrag zu leisten. Das weiß man im Kanzleramt.

"Es soll uns keiner sagen, es sei kein Geld da", erklärt DGB-Chef Michael Sommer. Wer Hunderte Milliarden Euro zur Rettung des Bankensystems mobilisiere, müsse auch Geld für Bildung aufbringen können. Damit sind auch die Ministerpräsidenten gemeint. Wirtschaft und Gesellschaft wollen wissen, bis wann und mit wie viel Geld Mängel im maroden System behoben werden sollen. Bei der Bankenkrise haben Bund und Länder sich und sogar die föderalen Strukturen gelobt. Jetzt können sie zeigen, dass dies auch für die Bewältigung der Bildungskrise gilt.

nachrichten.red@volksfreund.de

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