Ein Koalitionskompromiss könnte die Grenzregion vor dem Desaster bewahren

Das deutsche Straßennetz ist ein Pflegefall und dringend behandlungsbedürftig. Viel zu lange wurde der zunehmend marode Zustand vieler Autobahnen und Bundesstraßen vernachlässigt. Welche Folgen diese chronische Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur hat, zeigt sich in der Region Trier in diesen Wochen allen Autofahrern und LKW-Piloten, die wegen nicht mehr aufschiebbarer Baustellen im Stau stehen.

 Rainer Neubert

Rainer Neubert

Foto: Klaus Kimmling

Die gute Konjunktur und die Erlöse aus der LKW-Maut machen den Sanierungsboom möglich. So könnten zweckgebundene Einnahmen aus der geplanten PKW-Maut also zusätzlich das Geld in die Kassen spülen, das für die Wiederherstellung einer zukunftsfähigen Straßen-Infrastruktur benötigt wird.

Doch leider ist die Rechnung nicht so einfach, schon gar nicht für Grenzregionen. Denn wenn Prognosen zutreffen, die nach der Auswertung der Antwortbogen von 1100 Luxemburgern für Aufsehen sorgen, dann werden deutsche Pendler ab 2019 auf der Autobahn ins Ländchen entspannter vorankommen. Auf den mautfreien Bundes- und Landesstraßen werden sich dann aber die Fahrzeuge mit gelben und weißen Kennzeichen umso mehr anstellen müssen.

Größter Verlierer der PKW-Maut wäre aber der Einzelhandel. Vor allem Trier ist auf die gut zahlenden Nachbarn angewiesen. Sollten tatsächlich bei einer Maut fast zehn Prozent von ihnen dauerhaft den Weg nach Deutschland meiden, wäre das ein Desaster, in abgeschwächter Form auch für die kleineren Städte der Region. Die Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen in Berlin werden vermutlich nicht an der Maut scheitern. Die von der CSU geforderte Flüchtlingsobergrenze scheint dazu wesentlich besser geeignet.

Allerdings gehört die PKW-Maut zu den Themen, die sich für Kompromisse und Kompensationen im Spiel um die Macht eignen. Ein mautfreier Korridor für ausländische Autofahrer von 30 Kilometern zur Grenze könnte so ein Kompromiss sein. Ob die neue Autobahngebühr für PKW dann tatsächlich das Geld einbringt, mit dem ihre Befürworter stets für sie geworben haben, muss sich zeigen. Viel wichtiger ist allerdings, dass die neue Bundesregierung ganz unabhängig davon beim Thema Verkehr neue Akzente setzt. Zu einer modernen und zukunftsfähigen Infrastruktur gehört mehr als gut befahrbare Straßen, auf denen man prima im Stau stehen kann.
r.neubert@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort