Ein grandioses Scheitern

Zu scheitern, birgt wie immer auch eine Chance. Das gilt selbst für jemanden wie Verkehrs minister Alexander Dobrindt - und das gilt auch für sein Maut-Projekt.


Jetzt, nachdem er den Start schon auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben hat, sollte sich der CSU-Mann ein paar Tage ins bayerische Kloster Banz verabschieden, in dem seine Partei ja jedes Jahr bei einer Klausur auf Einsichten und neue Erkenntnisse hofft.
Dort kann Dobrindt dann zur Besinnung kommen; in der klösterlichen Zelle kann er sich fragen, warum er womöglich zum lächerlichsten Minister in Merkels Kabinett geworden ist. Wie er überhaupt so ignorant sein konnte, obwohl doch jeder wusste, dass die Maut nur für Ausländer europarechtlich kaum durchzusetzen ist. Und wenn er sich diese Fragen beantwortet hat, sollte er noch ausgiebig darüber nachdenken, wie es weitergehen soll mit ihm im Amt, und mit der Maut in Deutschland. Entweder Dobrindt beerdigt seine Pläne ganz, oder aber er nutzt die Chance, die Europa ihm gestern serviert hat: für eine Maut für alle, streckenbezogen und ökologisch ausgerichtet. Analog der Gebühr für LKW. Vielleicht bei reduzierter Mineralölsteuer. Das wäre freilich Wahlbetrug. Der würde aber nicht so schwer wiegen, weil sowieso jedem klar war, dass die CSU ihr großes Versprechen von der Ausländer-Maut bei gleichzeitiger Entlastung deutscher Autofahrer nicht würde halten können.
So wird es selbstverständlich nicht kommen. Das Beharrungsvermögen von Politikern ist immens. Haben sie noch so großen Unsinn verzapft, so wird er trotzdem noch als Erfolg verkauft. Mal kleinlaut zu sein, gehört auch nicht zum Repertoire eines CSUlers. Deswegen gibt Dobrindt nun den Kämpfer, der bis zuletzt seine Pläne gegen das böse Brüssel und das böse Europa verteidigen will. Schuld sind immer die anderen, und gerade für die CSU ist das meist die Europäische Union. Weil damit gut Stimmung an den bajuwarischen Stammtischen zu machen ist.
Das muss wohl auch so sein, damit keiner merkt, dass Dobrindts Scheitern auch ein grandioses Scheitern von Horst Seehofer ist. Der bayerische Ministerpräsident hat seinen Ex-Generalsekretär ins Berliner Regierungsamt gehievt, um die Maut rasch umzusetzen. Das wird nach jetzigem Stand nicht gelingen. Seehofer steht genau so deppert da wie der Verkehrs minister. Und noch jemand ist gescheitert, und sollte jetzt mal ebenso in sich gehen: Angela Merkel. Die Kanzlerin hat sich in den vergangenen Monaten von den CSU-Granden am Nasenring durch die Maut-Manege führen lassen. Peinlich. Mit ihr werde es keine Maut geben, sagte Merkel im Wahlkampf, um dann umzufallen und die CSU machen zu lassen. Nun ist endlich einmal ihre Richtlinienkompetenz gefordert: Lieber Alexander, lieber Horst, wir lassen es. Besser ist das. Eure Angela.

nachrichten.red@volksfreund.de

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