Entmachtung um ein Jahr

Die Tatsache, dass die Parlamente in allen Bundesländern außer Bremen für fünf Jahre gewählt werden, spricht nicht zwingend dafür, die Wahlperiode auch im Bundestag zu verlängern. Denn es gibt keinen gemeinsamen Wahltermin, den kann es wegen der Möglichkeit vorgezogener Parlamentsauflösungen auch gar nicht geben.

Das Phänomen, dass eine Bundesregierung immer auf irgendeine Landtagswahl Rücksicht nehmen muss, wird also bleiben, egal ob vier oder fünf Jahre.
Für eine Verlängerung spricht allein, dass die Abgeordneten dann mehr Zeit für die konstruktive Gesetzesarbeit haben, denn die Phasen der Einarbeitung am Anfang und des beginnenden Bundestagswahlkampfes am Ende einer Legislaturperiode nehmen nicht mehr einen so großen Anteil ein. Es können in fünf Jahren vielleicht auch komplexere Gesetzesvorhaben abgeschlossen werden als in vier Jahren. Freilich, das Argument ist schwach. Denn wenn es not tut, kann der Bundestag, siehe Euro-Rettung, schon heute sehr schnell sein.
Das Argument, das gegen eine Verlängerung der Wahlperiode spricht, ist hingegen stärker: Die Bürger können dann die Politik nur noch alle fünf Jahre bewerten und beeinflussen. Das wird womöglich die Politikverdrossenheit noch weiter befördern - und bei dann weiter sinkender Wahlbeteiligung die Repräsentativität des Bundestags verringern. Geringere Legitimität und längere Amtszeit, das passt nicht zusammen. Die zwingende Kehrseite einer solchen Entmachtung der Bürger um ein Jahr durch die Verlängerung der Wahlperiode ist daher die Einführung von Volksentscheiden auch auf Bundesebene - wie es sie in den Ländern und Kommunen schon gibt.
nachrichten.red@volksfreund.de

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