Es geht auch kompliziert

Es gibt nichts, was sich nicht noch komplizierter machen ließe. Ein Paradebeispiel für diese deutsche Eigenart ist einmal mehr das Steuerrecht. Die Koalition redet gern über die Entlastungen, mit denen sie die Bürger bald bescheren will.

Doch nun stellt sich heraus, dass viele Arbeitnehmer erst einmal mehr Steuern zahlen müssen. Zwar nur ein paar Euro im Monat, doch das tröstet nicht, wenn man bedenkt, dass es ausgerechnet jene trifft, deren Löhne und Gehälter alles andere als üppig sind.

Steuertechnisch geht die Ursache auf eine Neuregelung bei den Vorsorgeaufwendungen zurück. Dort fällt eine automatische Prüfung weg, wonach der Steuerzahler auch ohne ausdrückliche Steuererklärung stets von den günstigeren Konditionen profitieren konnte. Diese Komplexität muss kein normaler Mensch verstehen. Überhaupt nicht zu begreifen ist allerdings eine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums: Die Prüfung werde "im Zuge von Steuervereinfachungsüberlegungen abgeschafft", ließ das Ressort gestern wissen.

Was für ein Schildbürgerstreich! Die angebliche Vereinfachung könnte zum Beispiel einem verheirateten Alleinverdiener soviel Kopfzerbrechen bereiten, dass er künftig womöglich lieber eine Steuererklärung abgibt, um sich die zuviel gezahlten Beträge vom Fiskus zurückzuholen. Und der Finanzbeamte dürfte sich ungemein darüber freuen, dass er demnächst einen ganzen Schwung mehr Papier bearbeiten darf, der ohne die "Vereinfachung" nicht auf seinem Schreibtisch gelandet wäre. Soviel zum Thema schwarz-gelber Bürokratieabbau!

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