Es wabert was in der Mitte

Eine völlige überfüllte Aufnahmeeinrichtung. Überforderte Kommunen, die nicht mehr wissen, wohin mit den Asylbewerbern.

Der nicht abreißende Flüchtlingsstrom wird zum Problem. Und zwar nur deshalb, weil man in Deutschland offenbar die Augen verschlossen hat, vor den Krisen der Welt.
In Syrien. In Afghanistan. In Afrika. Man wollte nicht wahrhaben, dass die Menschen dort vor Krieg, Elend und Hunger fliehen. Oder man hat darauf gesetzt, dass die rigide EU-Flüchtlingspolitik schon dafür sorgt, dass die, die sich aus ihren Heimatländern auf den Weg gemacht haben, um zu überleben, erst gar nicht nach Deutschland kommen.
Man hätte schon längst auf den Flüchtlingsstrom vorbereitet sein müssen. Auch in Rheinland-Pfalz. Um nicht, wie jetzt, panikartig nach Notunterkünften zu suchen.
Darin liegt auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Das Unterbringen von Flüchtlingen in einem Hotel kann schnell dazu führen, dass angeblich aufrechte Bürger auch bei uns auf die Straße gehen. Gegen die Fremden, die angeblich ja nur hierherkommen, um Sozialleistungen abzukassieren und dann noch in einem Hotel untergebracht werden.
Wenn in Dresden 10 000 Menschen auf die Straße gehen, um mit "Wir sind das Volk"-Rufen gegen Islamisten und Flüchtlinge zu demonstrieren, muss das alarmieren. In der Mitte der Gesellschaft wabert ein längst nicht mehr nur latenter Fremdenhass. Die meisten dieser Demonstranten haben wahrscheinlich noch nie negative Erfahrungen mit Ausländern gemacht, sind keine Opfer von islamistischer Gewalt geworden. Sie laufen vermutlich mit, weil sie irgendwelchen dumm-dreisten Parolen folgen, mit denen gegen Ausländer gehetzt wird. Nicht selten verbreitet übers Internet.
Gerade soziale Netzwerke wie Facebook schüren die Fremdenfeindlichkeit und bescheren Gruppen wie Pegida Zulauf. Es ist erschreckend, wie offen ausländerfeindlich sich viele Facebook-Nutzer zeigen. Wie unbedarft inhaltlose Sprüche gegen Zuwanderer mit virtuellen Freunden geteilt und damit verbreitet werden.
Auch das von CDU-Landeschefin Julia Klöckner geforderte Burka-Verbot in Deutschland, zu dem die Union bei ihrem Parteitag gestern keine klare Haltung zeigte, zeugt nicht von Toleranz und Weltoffenheit.
Es hilft nur eins: Solch dumpfer Populismus muss entlarvt werden. Die Zivilgesellschaft muss dagegen protestieren. Und der Staat muss dafür sorgen, dass zu uns kommende Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden und zumindest das Gefühl haben, willkommen und vor allem sicher zu sein.

b.wientjes@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort