Für Merkel wird es ernst

Niemand kann es General Motors verdenken, wenn der Konzern sein Verkaufsangebot für Opel in letzter Minute zurückzieht. Es ist logisch, dass ein Unternehmen, das sich wieder stark genug fühlt, um global zu agieren, seinen europäischen Markt nicht abgeben will.

Auch nicht die Technologie, die es dort entwickelt. Niemand kann GM zwingen, sein Eigentum Opel quasi als Schnäppchen zu verschleudern, um dann zuzusehen, wie daraus mit Staatshilfe ein Konkurrent erwächst. Die beleidigten Reaktionen einiger Länder-Ministerpräsidenten auf die späte Kehrtwende des GM-Verwaltungsrates sind zwar verständlich, aber irrelevant.

Mit Staatsbürgschaften wollte die Bundesregierung einem neuen, international operierenden Autohersteller aus Deutschland auf die Beine helfen, New Opel genannt. Das war eine mutige, aber auch riskante Entscheidung. Sie fiel nicht ganz freiwillig. Man war im Wahlkampf und hatte Angst, dass ein untergehender Traditionskonzern wie Opel zum Krisen-Fanal werden würde.

Andererseits bot die Lage auch eine Chance. Möge halt die amerikanische Autoindustrie schrumpfen, die europäische bleibe, so lautete die Losung. Angela Merkel hat die Opel-Rettung zu ihrem persönlichen Projekt gemacht. Sie ist damit nun auch persönlich gescheitert. Und in Washington regelrecht vorgeführt worden.

Das Risiko für die eingesetzten Staatsgelder ist nun gebannt. Aber auch eine große Chance ist dahin. Stattdessen sind jetzt viele Standorte gefährdet. Die Gefahr ist groß, dass der Mutterkonzern sein Tochterunternehmen regelrecht ausweidet und nur seinen technologischen Kern behält. Eine kleine Chance liegt darin, dass GM versprochen hat, der Bundesregierung ein umfassendes Standort- und Finanzkonzept vorzulegen. Das deutet darauf hin, dass Detroit um Geld pokern will.

Die neue schwarz-gelbe Bundesregierung bringt das in eine Zerreißprobe. Ihr christdemokratischer Teil ist gegenüber den Opel-Beschäftigten im Wort, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten. Da darf es keine Wahrheit für die Zeit vor der Wahl geben und eine andere für die Zeit danach. Ihr liberaler Teil hingegen lehnte schon die Staatshilfen an Magna ab und wird erst recht dagegen sein, dass deutsche Steuergelder an ein amerikanisches Unternehmen fließen sollen.

Für Merkel, die unversehens ihren Satz beweisen kann, dass schwarz-gelb keine Regierung der sozialen Kälte ist, ist die Lage vertrackt. Für die Opelaner aber ist sie verzweifelt.

nachrichten.red@volksfreund.de

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