Für den Ouzo danach ist es zu früh

Von den sanften Tönen gestern Abend sollte sich niemand täuschen lassen. Das war zwar Entspannung.

Aber nicht Entwarnung. Für den Ouzo danach ist es noch viel zu früh. Zumal - Angela Merkel hatte das schon im Vorfeld des Tsipras-Besuches deutlich gemacht - Deutschland nicht der Partner in der Euro-Frage ist. Und damit auch nicht der böse Bube. In Berlin kann man reden. Verhandelt wird in Brüssel.
Im Grunde ist man nach den völlig überflüssigen Eskapaden der neuen, sich wie pubertierende Halbstarke gebärdenden Athener Regierung jetzt nur wieder da, wo man schon lange war. Die Europäer werfen die Griechen nicht aus dem Euro - sondern warten noch einmal ab, ob sie ihre Versprechungen nicht doch noch erfüllen.
Es gibt ein gewisses Eigeninteresse an der Geduld, denn niemand weiß, was passiert, wenn der Euro an dieser Sollbruchstelle einen Knacks bekommt. Zerfällt er dann ganz? Alexis Tsipras kann sogar auf ein drittes, letztes Rettungspaket hoffen, so sehr es auch noch dementiert wird. Dass er dafür pokert, sollte man ihm nicht übel nehmen.
Andererseits kann er den Bogen nicht endlos überdehnen, auch nicht den der verbalen Zumutungen gegen den Hauptgeldgeber Deutschland. Angela Merkel hat das dem Gast sehr deutlich gemacht, und der hat es zugestanden. Das Gift ist damit etwas raus aus dem Verhältnis. Jetzt geht es wieder um die Sache.
In der griechischen Gesellschaft herrscht seit vielen Jahren eine im Grunde korrupte Grundstruktur. Motto: Wenn jeder sich bedient, ist allen gedient. Aufgeblähter Staatsapparat und allgemeine Steuerverweigerung inklusive.
Dafür wurden die Parteien gewählt, das haben sie geliefert. Europa verlangt nun ausgerechnet vom linken Tsipras, was die konservative Samaras-Regierung nicht leistete: Dass er diesen gesellschaftlichen Deal schnell und konsequent aufkündigt, nicht nur an ein paar symbolischen Punkten. Dass er mit grundlegenden Reformen ernst macht.
Es ist die Quadratur des hellenischen Kreises. Nicht nur, weil das Kapital flüchtet, sobald Tsipras die Reichen endlich zur Finanzierung des Staates mit her-anzieht. Sondern auch, weil der neue Premier abgewählt zu werden droht, sobald er bei den Staatsausgaben Europas Vorgaben zu erfüllen versucht.
Gestern Abend in der Höhle der Löwin hat der griechische Regierungschef dennoch wieder versprochen, die Verpflichtungen einzuhalten. So wie es auch seine Vorgänger versprochen haben. Aber ob er das auch umsetzen kann, ist mehr als zweifelhaft.
Bei Tsipras fragt man sich gerade wegen der hässlichen Töne der vergangenen Wochen sogar, ob er es wirklich will.
nachrichten.red@volksfreund.de

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