Kampf um Lehrer

Junger Lehrer, Fächer Mathe, Physik, Informatik, sucht Stelle in reizvoller Landschaft." Eine solche Bewerbung ließe das Herz manch eines Schulleiters von Gerolstein bis Traben-Trarbach höher schlagen.

Doch die Realität sieht anders aus: Hessen legt zum Ärger der Nachbarn Lockangebote für Pädagogen aus, Rheinland-Pfalz wiederum verspricht sich einen kleinen Vorteil, weil es wegen der zeitigen Sommerferien frühere Stellenzusagen als Baden-Württemberg machen kann, was dort ebenfalls für Verdruss sorgt. In gefragten Fächern ist der Lehrernachwuchs umworben wie seit langem nicht mehr. Und die Jung-Pädagogen nutzen ihren Vorteil weidlich aus: Kommen auf den letzten Drücker noch attraktivere Angebote, wird der bereits andernorts zugesagte Dienstantritt kurzfristig zurückgezogen, was wiederum die Schulleiter in Nöte bringt. Bleiben Planstellen unbesetzt, gibt es nur noch den Griff zu Vertretungskräften, um den Unterricht abzudecken. Pädagogische Qualifikation wird zumindest formal zweitrangig. Da werden dann auch schon mal Nachwuchskräfte nur mit Uni-Ausbildung und ohne große pädagogische Schulung oder Erfahrung vor die Klassen geschickt. Für beide Seiten ein Risiko, bei der schnell der Bildungsauftrag auf der Strecke bleiben kann.

Hintergrund der knappen Bewerberlage ist vor allem das ewige Hin und Her der Warnungen vor Lehrerschwemme und Lehrermangel, das Studienanfänger verunsichert. Dazu kommen der Imageverlust des Berufsstandes, teilweise finanzielle Einschnitte und ein nicht zuletzt immer anstrengenderer Berufsalltag, der die Mär vom schönen Lehrer-Leben lange eingeholt hat. Vor allem Naturwissenschaftler haben weit verlockendere Perspektiven in der freien Wirtschaft. Der Ausbau der Lehrer-Seminare hat zudem mit dem Zulauf an den Gymnasien nicht Schritt gehalten. Dort wurde an der falschen Stelle gespart oder nicht richtig geplant. Wer bessere Bildung anmahnt, muss auch die entsprechenden Lehrer aufbieten. Fatal, wenn sich dann auch noch die Länder gegenseitig Pädagogen abwerben.

Seiten- und Quereinsteiger im wahrsten Wortsinn nachzuschulen, bringt gewisse Entlastung, aber keine grundlegende Verbesserung. Bei der Lehrerausbildung muss bundesweit mehr investiert werden, um den Nachwuchs und damit auch Bildung zu sichern.

j.winkler@volksfreund.de

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