Keine Allzweckstrafe

Subjektiv gesehen wäre es für die meisten Menschen, junge zumal, die schlimmste Strafe, schlimmer als Knast, wenn man ihnen das Handy wegnehmen würde. Weil das leider nicht kontrolliert werden kann, ist ersatzweise der Führerschein in den Fokus gerückt.

Justizminister Heiko Maas will entsprechend der Koalitionsverabredung einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Beschlagnahme des Lappens der Geld- oder Gefängnisstrafe gleichstellt.
Das ist soweit in Ordnung. Der Justiz mangelt es an Auswahlmöglichkeiten bei den Sanktionen. Gefängnis ist für viele Vergehen zu hart, außerdem teuer, Geldstrafe bringt bei Mittellosen nichts und wird von anderen aus der Portokasse bezahlt, Sozialarbeit ist schnell gemacht. Allerdings sind die Richter diesbezüglich auch nicht so kreativ wie etwa in den USA. Bekannt wurde dort Richter Michael Cicconetti aus Ohio, der zum Beispiel eine Frau zwang, eine Nacht allein im Wald zu verbringen - wo sie Kätzchen ausgesetzt hatte. Sie sollte es nachfühlen.
Freilich, auch das Fahrverbot ist nicht die Allzweckstrafe, die viele von ihr erhoffen. Von Ladendiebstahl bis Steuerhinterziehung ist sie in den letzten Jahren von Politikern schon ins Gespräch gebracht worden. Doch wird es schon räumlich die Ausnahme sein müssen. Denn in der Stadt wirkt die Strafe nur bei Aufschneidern, die anderen kaufen sich halt eine Monatskarte. Das Verbot trifft also nur die Landbevölkerung und auch dort längst nicht alle gleichermaßen, sondern vor allem Berufspendler. Die Richter werden also in jedem Einzelfall die Sinnhaftigkeit bedenken müssen. Ohnehin wird der Führerscheinentzug meist nur als ergänzende Strafe verhängt werden. Laut Maas soll sie vor allem da ansetzen, wo Geldstrafen nicht schmerzen, weil die Täter genug Geld besitzen. Also taugt sie, anders als der Familienministerin vorschwebt, bei säumigen Unterhaltspflichtigen ganz gewiss nicht. Bei dieser Straftat würde eher die Pfändung des Autos den Geprellten, meist Müttern, helfen.
Überhaupt sollten sich die Strafen mehr an den Straftaten ausrichten und am Täter selbst. Was beeindruckt ihn, sich zu bessern und seine Tat ganz sicher nicht zu wiederholen? Das muss die erzieherische Leitfrage sein. Dazu müssen die Strafen bei jugendlichen Tätern möglichst schnell verhängt werden, daran hapert es am meisten. Der Führerscheinentzug sollte öfter bei Menschen erwogen werden, die sich auch sonst als charakterlich unfest erwiesen haben, bei Schlägern etwa. Und viel öfter auch bei allen, die ihr Auto als Waffe benutzen, absichtlich per Geschwindigkeitsübertretung oder durch Handyaktivitäten am Steuer. Wer hingegen gegen Flüchtlinge hetzt, sollte Sozialarbeit verrichten, wer im Laden klaut, der Oma den Einkauf nach Hause tragen, und wer Steuern hinterzieht, Obdachlosenzeitungen verkaufen. Zusätzlich, wohlgemerkt.
nachrichten.red@volksfreund.de

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