Keine Bühne für die AfD

Gleich zum Auftakt kracht es im Bundestag.

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: Mathias Krohn

Der 19. Bundestag, dessen vierjährige Sitzungsperiode nun begonnen hat, unterscheidet sich grundlegend von den 18 davor. Mit sechs Fraktionen gibt es eine Aufsplitterung, die man in Deutschland bisher nicht gekannt hat. Und gleichzeitig nimmt durch den Einzug der AfD die Polarisierung enorm zu.

Anders als die Linke, die weitgehend im demokratischen System angekommen ist, braucht die AfD wohl noch lange die Provokation der Demokratie an sich, um weiter zu wachsen. Denn ihre Sachthemen halten nur begrenzt. Die Flüchtlingszahlen etwa sind stark gesunken und der Euro funktioniert halbwegs. Auf der emotionalen Ebene aber hat die AfD eine Klientel geweckt, das ansprechbar bleibt. Die AfD wird sie mit neuen Schlagzeilen anzusprechen suchen und dazu ihre Grenzen austesten. Außerhalb wie innerhalb des Bundestages.

Die Mehrheit des neuen Parlaments, also 83 Prozent der Abgeordneten, muss darauf in jeder Hinsicht klug reagieren. Weimar ist nicht nur an den Nazis zugrunde gegangen, Weimar ist auch an der Unfähigkeit der Demokraten zugrunde gegangen, eine gemeinsame Antwort auf den braunen Spuk zu finden. Für den Bundestag bedeutet das, dass er kein Thema negieren darf, das die Bürger bewegt. Auch nicht das Flüchtlingsthema. Die gestiegene Verantwortung verlangt auch, dass eine künftige Koalition keine Formelkompromisse schließen darf, nur um zu halten. Sie muss echte Lösungen suchen.
Drittens muss sich die neue Regierung stärker als bisher der kontroversen Debatte stellen, auch die Kanzlerin.

Vor allem aber müssen die demokratischen Parteien zusammenhalten, wann immer es um die Demokratie an sich und ihr Ansehen geht. Dies ist keine Zeit für kleines politisches Karo. Leider ist der gestrige Auftakt dafür nicht besonders gelungen. Die törichte Ablehnung des AfD-Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten verschafft den Rechten neue Vorwände für ihre Kampagne als angebliches Opfer eines "Altparteien"-Kartells.
Die vielen Neinstimmen gegen Wolfgang Schäuble auch aus den Reihen der anderen Parteien schwächen die Autorität des gemeinsamen Repräsentanten des Parlaments. Und die Versuche der SPD, schon in der konstituierenden Sitzung Opposition zu spielen, wirkten kleinkariert. Hier müssen einige wohl noch üben.

Die AfD möchte gern auch die Bühne Bundestag für ihre Provokationen nutzen.
Man muss sie ihr aber nicht geben. Die fünf anderen Parteien haben es nun vier Jahre lang in der Hand zu zeigen, dass man die Rechtspopulisten nicht braucht, um sachlich und lösungsorientiert an den Problemen des Landes zu arbeiten.

nachrichten.red@volksfreund.de

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