Kinder bleiben auf der Strecke

Das gestrige Urteil des Bundesgerichtshofs ist mehr als nur ein Grundsatzurteil zum Unterhaltsrecht. Die Karlsruher Richter haben deutlich gemacht, was in Deutschland Alltag (nicht nur) für Alleinerziehende ist: Vollzeitjob zum Überleben, nach Feierabend waschen, bügeln, putzen und nebenbei noch irgendwie die Kinder erziehen.

Niemand trifft die noch immer bestehende Unvereinbarkeit von Job und Familie härter als allein lebende Mütter und Väter. Sie sind auf jeden Cent angewiesen, üben sich täglich im Spagat zwischen Beruf und den Bedürfnissen ihrer Kinder, keiner ist da, der sie entlastet. Trotzdem hat der Gesetzgeber ihnen zugemutet, dass sie neben Haushalt und Kindererziehung irgendwann ganztags arbeiten müssen (!), ansonsten stehen sie mittellos da. Unterhalt muss der oder die Ex jedenfalls ab dem dritten Geburtstag des gemeinsamen Nachwuchses nicht mehr zahlen. Ein Gesetz, das völlig an der Praxis vorbeigeht. Es gibt nicht genügend Betreuungsplätze, Arbeitgeber sind noch immer nicht flexibel genug, um auf die Bedürfnisse von Eltern einzugehen, und die Kinder bleiben bei dieser von gut verdienenden Politikern, die sich jede erdenkliche Art von Kinderbetreuung kaufen können, auf die Schiene gesetzten Regelung völlig außen vor.

Die Realität zeigt, dass die meisten Alleinerziehenden überfordert sind und notgedrungen scheitern. Sie werden zum Sozialfall, weil sie den Spagat nicht meistern und im Job scheitern. Konsequenz: Sie sind auf Arbeitslosengeld angewiesen. Daher ist das Urteil wichtig für alle Alleinerziehenden, auch wenn es den ein oder anderen Ex-Mann wurmt, dass er nun wohl doch noch länger zahlen muss.

b.wientjes@volksfreund.de

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