Kleinster einsamer Nenner

Natürlich hilft der jüngste Beschluss, 120 000 Flüchtlinge vorrangig von Griechenland und Italien aus gleichmäßiger über Europa zu verteilen. Auf diese Weise wird auch Deutschland entlastet, weil nur ein Teil der Asylbewerber in die Bundesrepublik kommt, die sich sonst vermutlich fast alle über die Balkanroute oder die Alpen hierher aufgemacht hätten.

Und endlich handelt die EU, statt immer nur neue Ideen zu ventilieren, mit der sie der Flüchtlingskrise Herr werden könnte.
Vom Kommissionsvorschlag bis zum Gesetz hat es 13 Tage gedauert. Nachdem lange nichts passiert ist, wurde nun Tempo gemacht.
Angesichts der Dramatik der Ereignisse und dem beschämenden Umgang mit den Flüchtlingen sowie der EU-Staaten untereinander, stellt der Beschluss jedoch nicht mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner dar. Von einer verpflichtenden Quote ist keine Rede mehr, die Aufnahmezahlen sind eine einmalige Aktion. Ein dauerhafter Verteilungsschlüssel ist nicht in Sicht. Vom dringend benötigten neuen EU-Asylsystem ist die Gemeinschaft damit noch meilenweit entfernt.
Und selbst die verwässerte Version des ursprünglichen Kommissionsvorschlags konnte nur Polen bei seiner europäischen Ehre packen. Ungarn, Tschechien, Rumänien und die Slowakei mussten entgegen der üblichen Praxis überstimmt werden - was noch Folgen haben wird.
So herrscht zwischen den EU-Staaten derzeit nicht einmal der kleinste gemeinsame Nenner. Stattdessen müsste man wohl vom kleinsten einsamen Nenner sprechen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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