Kommentar zum Rockfestival Grüne Hölle: Zu recht bestraft

Der Umzug des Rockfestivals Grüne Hölle vom Nürburgring in die Schalke-Arena nach Gelsenkirchen ist ein selbst verschuldeter Fehlschlag und eine gigantische Blamage für die kurzzeitigen Herren des Rings: die Düsseldorfer Gesellschaft Capricorn, deren Anteile der russische Milliardär Viktor Charitonin übernommen hat.

Kommentar zum Rockfestival Grüne Hölle: Zu recht bestraft
Foto: Facebook

Sie hat sich selbst massiv überschätzt und wird sowohl von den Fans als auch von ihrem eigenen Partner, der Deutschen Entertainment AG (Deag), dafür bestraft. Und das vollkommen zu recht. Der Automobilzulieferer wollte in der Liga der großen Veranstalter mitspielen, doch dazu fehlen ihm sowohl das Format als auch die Kompetenz.

Den ersten Beweis dafür lieferte Capricorn schon 2014. Im kleinlichen Schachern um ein größeres Stück vom Kuchen verärgerten die Capricorn-Entscheider den Veranstalter Marek Lieberberg so sehr, dass er sich vom Ring trennte. Das hätte niemand für möglich gehalten, am wenigsten Capricorn selbst. Marek Lieberberg und der Nürburgring, das war eine feste Einheit, eine Größe, eine Marke. Lieberberg hat den Ring seit 1985 weit über ein Rockfestival hinaus zum Symbol eines Lebensgefühls erhoben. Drei Tage lang Freiheit, Rock und Dosenbier. Für nicht wenige Fans und Dauercamper war dieses Gefühl ebenso wichtig wie die Bands.

Doch Capricorn sah die Lage anders. Wir haben den Ring, deshalb sind wir unverzichtbar. Ein böser und sehr dummer Fehler. Marek Lieberberg, der seit unglaublichen 45 Jahren Konzerte und Festivals in Deutschland veranstaltet, ließ Capricorn einfach stehen und ging. Man sah dem großen alten Herrn 2014 deutlich an, wie weh ihm dieser Schritt getan haben muss. Aber er ging. Und Rock am Ring nahm er mit, inklusive des Lebensgefühls und, wie sich dann herausstellen sollte, auch inklusive der Fans, die ihm gerne nach Mendig folgen.

Capricorn blieb zurück und erklärte Lieberberg den Krieg der Veranstalter. Ein Konkurrenzfestival sollte her. Auf dem Nürburgring, eine Woche vor dem neuen Rock am Ring in Mendig. Den Fans ist doch egal, wer hier Veranstalter ist, dachte sich Capricorn. Die kommen so oder so zum Ring.

Wer so denkt, hat in der Liga der großen Festivals eben nichts verloren. Nach Lieberberg überwarf sich Capricorn dann auch mit dem zweiten Partner, der Deag. Doch auch diese Gesellschaft ist nicht auf den Nürburgring angewiesen. Sie gliederte die ehemalige Grüne Hölle in ihre Parallelveranstaltungen Rockavaria und Rock in Vienna ein, plante um nach Gelsenkirchen und ließ Capricorn vor dem Scherbenhaufen zurück. Die Verlierer sind der Nürburgring selbst und die Fans, die auf dem Nürburgring kein Festival mehr erleben dürfen.

j.pistorius@volksfreund.de

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