Lasst die Kirche im Dorf!

Warum XXL-Pfarreien nicht die Lösung sind

Als die Bistumssynode im Frühjahr vergangenen Jahres das Schlussdokument verabschiedete , da sorgte eine Zahl in der Öffentlichkeit für reichlich Diskussionen: Nur noch um die 60 (statt der derzeit noch knapp 900) Pfarreien sollte es danach künftig im Bistum geben. Dass dieser Richtwert sogar noch deutlich unterschritten werden könnte, zeichnete sich in den vergangenen Wochen bereits ab. Seit Freitagnachmittag hat das Spekulieren nun ein Ende: Spätestens in zwei, drei Jahren wird es in Deutschlands ältestem Bistum nur noch 35 Großpfarreien geben - in einem Gebiet, dass die ehemaligen Regierungsbezirke Trier und Koblenz mitsamt einem Großteil des Saarlands umfasst.

Wer sich schwer vorstellen kann, was das in der Praxis bedeutet, sollte mal mit dem Auto von Densborn nach Hümmel fahren: Beide Eifelorte liegen über 50 Kilometer und damit mehr als eine Stunde Fahrzeit voneinander entfernt und gehören demnächst zu einer Pfarrei. Ähnlich Beispiele ließen sich auch für die meisten übrigen neuen XXL-Pfarreien in der Region Trier finden.

Wie dies insbesondere bei vielen älteren Gläubigen ankommen wird, die aus früheren Zeiten noch gewohnt waren, dass der Pfarrer vor Ort und die Kirche der Mittelpunkt der Gemeinde war, kann man sich unschwer ausmalen. Diese Zeiten sind vorbei - und das nicht erst seit Freitag.

Und dennoch liegt die Frage auf der Hand, ob die immer größer werdenden Pfarreien wirklich das Maß aller Dinge sind. Wo es immer weniger Gläubige und auch immer weniger Priester gibt, ist es vernünftig, dass Angebote und Aufgaben konzentriert werden. Aber: Drehen Bischof Stephan Ackermann und die für die Umsetzung der Synodenbeschlüsse Verantwortlichen die Schraube nicht weiter als nötig? Ist die Planung nicht zu sehr auf die weiter schrumpfende Zahl der Priester ausgerichtet? Berücksichtigt sie nicht zu wenig, dass es viele engagierte haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter gibt, denen deutlich mehr Aufgaben zugetraut werden könnten als bislang?

So hat es den Anschein, dass die katholische Kirche im Bistum Trier auf den zunehmenden Nachfrageschwund keine anderen Antworten auf Lager hat als ein kommerziell geführtes Unternehmen, als Banken oder Poststellen: Sie machen Filialen dicht und ziehen sich aus der Fläche zurück. Aber hat nicht gerade die katholische Kirche den Anspruch, nahe bei den Menschen zu sein?! r.seydewitz@volksfreund.de

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