Meinung: Politik hat versagt

Trier · Die schwarze Null des Bundeshaushaltes finanzieren die gesetzlichen Versicherten mit. Weil der Bundesfinanzminister zum Ausgleich der Schulden mal kurzerhand die Zuschüsse des Bundes an den Gesundheitsfonds um 2,5 Milliarden Euro gekürzt hat und die große Koalition gleichzeitig den allgemeinen, von der Politik festgelegten Beitragssatz von derzeit 15,5 auf demnächst 14,9 Prozent gesenkt hat, fehlt den gesetzlichen Krankenkassen nun Geld. Genau elf Milliarden Euro.

Und das vor dem Hintergrund, dass die gehaltsabhängigen Einnahmen der Kassen seit Jahren nur leicht steigen, die Ausgaben hingegen regelrecht explodieren. Zum einen wegen des demografischen Wandels. Mehr ältere behandlungsbedürftige Patienten kosten mehr Geld. Der medizinische Fortschritt ist auch nicht zum Nulltarif zu haben.
Das fehlende Geld nehmen sich die Kassen natürlich von den Versicherten. Über Zusatzbeiträge. Erstmals seit Bestehen des Gesundheitsfonds 2009 werden vermutlich fast alle gesetzlichen Krankenkassen die so gefürchteten Zusatzbeiträge erheben. Bislang war das eher die Ausnahme. Nur Kassen, die wirklich schlecht gewirtschaftet haben, verlangten zusätzlich Geld von ihren Versicherten - und liefen damit Gefahr, dass ihnen die Mitglieder scharenweise davonlaufen. Die Gefahr dürfte ab nächstem Jahr geringer sein. Es wird künftig schwieriger sein, eine Kasse zu finden, die keinen individuellen Beitrag erheben wird. Und aufgrund der eher schlechten Konjunkturaussichten und damit geringer werdenden Beitragseinnahmen bei weiter steigenden Ausgaben etwa durch höhere Arzthonorare wird sich die finanzielle Situation der Kassen noch verschlechtern. Der Zusatzbeitrag, den allein die Versicherten tragen müssen, dürfte also die kommenden Jahre noch weiter steigen.

Damit hat die Politik versagt. Sie wollte mit dem Gesundheitsfonds die Einnahmen der Kassen gerechter verteilen. Durch die Deckelung der Beiträge sollte verhindert werden, dass die Versicherten über Gebühr belastet werden. Doch genau das wird nun der Fall sein. Auch die Vorgabe, dass die Zusatzbeiträge höchstens ein Prozent des Einkommens betragen dürfen, wird spätestens 2016 über Bord geworfen werden. In den nächsten vier Jahren werden die Versicherten zusätzlich 2,3 Prozent zahlen müssen.

Statt dafür den angeblich schlecht wirtschaftenden Kassen die Schuld zu geben, sollte die Politik endlich den Mut haben für eine Gesundheitsreform, die den Namen auch verdient. Mit der es gelingt, die Einnahmen der Kassen auf solide Füße zu stellen und die Zahl der Beitragszahler zu erhöhen.
b.wientjes@volksfreund.de

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