Merkels Notbremse

Geschlossene Grenzen - das ist für Deutschland, dessen Bürger offene Grenzen schätzen wie kaum eine Nation sonst in Europa, ein Albtraum. Es ist auch eine grandiose Niederlage für die Ansprüche der deutschen Flüchtlingspolitik.


Aber Angela Merkel blieb nach ihrer Entscheidung der vergangenen Woche, alle Syrien-Flüchtlinge unkontrolliert nach Deutschland weiterreisen zu lassen, gestern keine andere Wahl. Denn die Zustände waren nicht mehr haltbar, die Behörden waren überfordert. Nicht nur in München.
Es ist eine Notbremse, aber noch ist der Verschluss nicht wieder auf der Flasche. Dahin kommt er auch nicht, so lange der Nachschub der Verzweifelten so groß bleibt. Die Flüchtlinge werden, das weiß man inzwischen, sehr schnell andere Wege suchen und auch finden. Der Strom wird so einfach nicht aufhören.
Diese verzweifelten Menschen wissen außerdem, dass die deutsche Öffentlichkeit ihnen wohlgesonnen und im Hinblick auf negative Bilder nur begrenzt belastbar ist. Und die wird es nun geben.
Denn wo bleiben die Abgewiesenen? In ebenso unzumutbaren Lagern in Österreich, und, wenn Wien genauso handelt, in Ungarn? In noch waghalsigeren, unsicheren Fluchtfahrzeugen? Dann wäre man wieder an dem Punkt, wo man vergangene Woche schon war.
Die Maßnahme verschafft Deutschland nicht viel mehr als eine Atempause für den Moment. Eine Lösung kann es nur auf gesamteuropäischer Ebene geben. Genau dafür ist die Aufnahme der Kontrollen ein Signal, und man kann nur hoffen, dass es ankommt. Es besagt: Es gibt Grenzen des Umgangs miteinander. Grenzen der Ignoranz und des Verschiebens der Probleme. Deutschland hat auch Grenzen. Zur Not kann es sie sogar schließen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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