Nicht nur Pillendreher gefragt

Weltweit versuchen derzeit die Regierungen ihre Bürger zu beruhigen. Die Masse der Milliarden kleiner Sparer könnte endgültig das weltweite Finanzsystem zum Erliegen bringen, wenn sie das Vertrauen in ihre Bank verlieren und viele ihre wenigen Spargroschen abheben. Die Wirtschaft würde zusammenbrechen, das gesamte System würde kollabieren.

Die Ernsthaftigkeit der Situation ist Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bewusst. Denn sonst hätten sie kaum mit diesem Nachdruck die Sicherung der Spareinlagen garantiert. Doch die Beruhigungspillen haben bei den Anlegern kaum gewirkt. Auch die vielen anderen Aktionen und Sicherungsversprechen der Staaten in aller Welt konnten gestern nicht die Märkte beruhigen. Das Misstrauen regiert an den Finanzmärkten, die Börsen sind weiter im freien Fall, kein Akteur traut dem anderen.

Mit Blick auf die Rettung der Hypo Real Estate (HRE) kann man den Argwohn sogar verstehen. Vergangenen Woche ging die HRE auf Betteltour, um die drohende Insolvenz zu vermeiden. Dabei legte die Bank der Politik und anderen Privatbanken Verbindlichkeiten vor, die es zu stemmen galt.

Doch nach der Prüfung durch die Deutsche Bank kam der Schreck: Die Miesen bei der Hypo Real sind viel höher. Eine vertrauensbildende Maßnahme sieht anders aus.

Entweder hat der HRE-Vorstand um Chef Georg Funke die Regierung bewusst belogen oder selbst nichts von dem Ausmaß der Pleite gewusst. Beides ist ein Skandal und keine Frage, dass man eine solche Führung schassen muss. Um das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen, muss sich die Politik deshalb ganz anders aufstellen. Es reicht nicht aus, dass die Politik ihren Bürgern garantiert, dass ihre Spareinlagen sicher sind. Mit welchem Geld verspricht sie das, wenn nicht mit den Steuergeldern der Bürger? Alle Verluste würden eben nur einfach auf die Gesellschaft umgelegt.

Ein weitaus deutlicheres Zeichen der Politik wäre es, wenn sie die Finanzjongleure in aller Welt an die Leine legen würde. Grundaufgabe der Banken ist es, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen.

Das Investment-Banking hat sich lange davon gelöst und kunstvolle Produkte entwickelt, die mit nichts handelten, aber viel Geld bewegten - wie etwa Leerverkäufe. Höchste Zeit, dass solche Banker wieder (Boden)-Haftung spüren.

h.waschbuesch@volksfreund.de

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