Politische Blockade

Die Anti-Atomkraftbewegung schien bis vor kurzem nur noch ein Fall für die Geschichtsbücher zu sein. Der geballte Widerstand gegen den neuerlichen Nuklearmüll-Transport nach Gorleben belehrt die Republik nun eines Besseren.

Um es klar zu sagen, Straßenblockaden sind keine Lösung, sondern eher Teil des Problems. Schließlich kann sich auch militanter Protest zum Sicherheitsrisiko auswachsen. Den Anstoß dafür aber gab diesmal eine zutiefst fahrlässige Politik. Die Union ermuntert die Kraftwerksbetreiber geradezu, alte Anlagen länger am Netz zu halten anstatt auf die jüngeren und damit sichereren Meiler zu setzen. Schon länger wird darüber spekuliert, dass die nächste Bundestagswahl den Energiekonzernen eine "atomfreundliche" Regierung bescheren könnte.

Im Umkehrschluss stünde der rot-grüne Atomausstiegs-Beschluss damit praktisch vor dem Aus. Kein Wunder, dass die Atomkraftgegner wieder auf die Barrikaden gehen. Ein weiterer zentraler Punkt kommt hinzu: Nach ihrem Koalitionsvertrag wollte sich die Große Koalition noch in dieser Wahlperiode auf den Standort für ein atomares Endlager verständigen. Doch die gute Absicht ist nicht das Papier wert, auf dem sie steht. In Wahrheit blockieren sich Union und SPD in der Endlager-Frage gegenseitig. Dabei lassen die katastrophalen Zustände im Atommülldepot Asse ahnen, wie dringend der Handlungsbedarf ist. All diese Umstände haben zu einer erstaunlichen Renaissance der Anti-AKW-Szene beigetragen.

Der aufgeheizten Stimmung ließe sich nachhaltig beikommen, würden Union und SPD endlich ihre Koalitionsvereinbarung ernst nehmen und die Endlager-Suche vorantreiben. Erst unter diesen Umständen macht übrigens auch ein Nachdenken über längere Laufzeiten für jüngere Kraftwerke Sinn.

nachrichten.red@volksfreund.de

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