Pragmatischer Präsident

Paris · Donald Trump ist auch in Paris Donald Trump geblieben. Die "Stadt der Liebe“ machte den ungehobelten US-Präsidenten nicht zu einem besseren Menschen.

 Christine Longin

Christine Longin

Foto: Redaktion

Aber trotzdem könnte Emmanuel Macron mit seiner Einladung etwas bewirkt haben. Denn Trump wirkte so zufrieden wie ein Kind, das zum ersten Mal zum Geburtstag eingeladen wurde. Und zu was für einem Fest: der Gastgeber hatte für seinen US-Kollegen nur das Beste aufs Programm gesetzt.

Sicher ist die Frage berechtigt, ob Trump so bevorzugt behandelt werden soll. Schließlich ist er der Präsident, der Muslime nicht einreisen lässt, eine Mauer nach Mexiko bauen will und aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen ist. Dazu kommt eine feindliche Haltung der EU gegenüber, die Macron als überzeugter Europäer nicht gut heißen kann.

Doch der französische Präsident ist Pragmatiker. Er verzichtete auf offene Kritik an seinem Gast. Nach dem ersten überstarken Händedruck und der deutlichen Reaktion auf Trumps Klimawende wollte Macron den US-Präsidenten diesmal nicht düpieren. Denn auch wenn Trump zweifelhafte Entscheidungen trifft, ist die Welt doch auf ihn angewiesen. Der Terrorismus kann ohne die USA nicht bekämpft werden und die Konflikte in Syrien und anderswo sind alleine auch nicht zu lösen. Das hat Macron klar erkannt. Und als neuer, unverbrauchter Präsident kann er eine andere Beziehung zu Trump aufbauen als beispielsweise Angela Merkel, die für ihre Nähe zu Barack Obama bekannt ist. Ganz uneigennützig übernimmt der französische Staatschef die Rolle des Vermittlers natürlich nicht. Denn mit seiner Geste zeigt er seinen Landsleuten, dass Frankreich zurück ist auf der Weltbühne.

Nach den Jahren unter François Hollande, in denen das Land an Einfluss verlor, will Macron nun wieder eine internationale Schlüsselrolle übernehmen. Deshalb die Einladung an Wladimir Putin ins Schloss Versailles. Deshalb der Nationalfeiertag mit Donald Trump. Wie eine Art europäischer Klassensprecher versucht der französische Präsident, das diplomatische Heft in die Hand zu nehmen. Schöne Bilder reichen für diese Rolle allerdings nicht aus. Das wird Macron in den nächsten Monaten auch noch zu spüren bekommen.

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