Privatfernsehen: Das Ende der kostenlosen Angebote naht

Trier · Seit mittlerweile drei Dekaden ist der deutsche Fernsehmarkt klar aufgeteilt: Auf der einen Seite gibt es die öffentlich-rechtlichen Sender, die monatliche Rundfunk-Gebühren erheben, und auf der anderen stehen die Privaten, die sich fast ausschließlich über Werbung finanzieren. Bezahlsender wie Sky haben nach vielen verlustreichen Jahren und einigen spektakulären Pleiten zwar an Bedeutung gewonnen, spielen aber immer noch eine untergeordnete Rolle. Diese Aufteilung gerät nun durcheinander.

Den Anfang macht die Gebührenpflicht für das Antennenfernsehen, das in Rheinland-Pfalz mit 150 000 Zuschauern zwar nur noch eine kleine Rolle spielt, aber eine Art Pilotprojekt für die großen privaten Senderketten darstellt. Denn diese wollen und müssen vom Werbemarkt unabhängiger werden. Dafür erheben sie Gebühren für den Empfang ihrer Inhalte. Den Zuschauern versuchen sie das mit höher aufgelösten Bildern und größerer Programmvielfalt zu verkaufen.

Wenn in den nächsten Jahren dann auch noch die Privatsender im Kabelnetz und per Satellitenempfang kostenpflichtig werden, dann muss sich erweisen, ob die Zuschauer wirklich bereit sind, für Inhalte wie "Bauer sucht Frau" oder "Dschungelcamp" Gebühren zu zahlen. Denn schon jetzt kämpfen die privaten Sender mit sinkenden Zuschauerzahlen. Rekordquoten wie am Ende der Neunziger Jahre, als allein RTL teilweise ein größeres Publikum erreichte als die gesamte ARD-Senderfamilie zusammen, gehören schon lange der Vergangenheit an.

Der Hauptgrund ist eine Individualisierung der Zuschauerinteressen. Immer mehr Menschen möchten Programme, die stärker auf sie zugeschnitten sind. Die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender haben darauf mit einer Unzahl an Spartenkanälen reagiert, die alle kein Massenpublikum mehr anziehen und noch dazu viel zu klein sind, um sich per Werbung zu refinanzieren.

Hinzu kommt ein weiterer Trend, der die Programmverantwortlichen umtreibt. Immer mehr Zuschauer haben einfach keine Lust mehr darauf, eine Sendung zu einem festgelegten Zeitpunkt zu sehen. Sie wollen Inhalte wie Filme, Serien oder Nachrichtensendungen dann sehen, wann es in ihre Lebenssituation passt. Sie nutzen dafür ganz selbstverständlich das Internet und schalten immer seltener den Fernseher an. Wenn diese Menschen mit Empfangsgebühren für private Sender konfrontiert werden, ist es mehr als ungewiss, ob sie dann noch diesen Kanälen die Treue halten. Die neue Kostenpflicht für RTL und Co. wird so zu einem Hochrisiko-Spiel für die Verantwortlichen, dessen Ausgang nicht absehbar ist.

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