Putin erklärt den Kalten Krieg

Putins gestrige Rede war in Reinkultur der Politikstil des 20. Jahrhunderts, vor dem Angela Merkel so gewarnt hat. Hurra-Patriotismus in der Duma, die Aufwallung nationaler Gefühle.

Das Einschwören auf kommende Entbehrungen durch die westlichen Sanktionen und Heim-ins-Reich-Symbolik für die Krim. Sogar das Pathos des großen Vaterländischen Krieges wurde bemüht, und es fiel nicht nur der Begriff Faschisten für die Revolutionäre in der Ukraine, sondern auch das Wort Hitler. Gespenstisch. Es zeigte sich der - freilich auch durch westliche Fehler - verletzte Stolz eines zerfallenen Weltreiches, das nun weidwund um sich schlägt. Oder ist es nur der verletzte Stolz eines zu klein gewachsenen Mannes?
Auch die Deutschen, die bis zuletzt am vorsichtigsten waren, müssen nun wissen, woran sie sind mit diesem russischen Präsidenten. Der setzt nicht mehr auf eine moderne Entwicklung seines Landes, auf Wissenschaft, Technik, Wohlstand, sondern nur noch auf seine Rohstoffe, die im Zweifel auch eine Waffe sind.
Der setzt nicht auf Kooperation nach außen, sondern auf Konfrontation und das Recht des Stärkeren. Der geht auch im Innern den Weg in die Diktatur immer weiter. Vorsorglich kennzeichnete Putin gestern bereits jeden Widerstand gegen seinen neuen, harten außenpolitischen Kurs mit dem Begriff fünfte Kolonne. Auch ein Wort aus dem 20. Jahrhundert. Wehe jenen, die es wagen.
Putin hat gestern den Kalten Krieg erklärt, und der Westen kann und darf nicht mit gleicher Münze antworten. Diese Ohnmacht macht wütend, aber die Vernunft ist der bessere Ratgeber. Zumal Putin recht unverhohlen gedroht hat, es mit der Ost-Ukraine genauso zu machen wie mit der Krim; er versteht sich als der Schutzpatron der dort lebenden Russen. Eine Abkühlung des Verhältnisses Deutschlands und des Westens insgesamt zu Moskau wird es nun zwar geben, das ist unausweichlich. Dennoch sollte man in Brüssel und Washington nicht allzu viele Gedanken darauf verschwenden, wie man Putin mit weiteren Sanktionen strafen kann. Viel wichtiger ist es jetzt, alle Konzentration auf die ökonomische und politische Stabilisierung der Ukraine zu richten - ohne ihr zunächst eine Perspektive als EU oder Nato-Mitglied bieten zu können. Das wäre für Putin, so wie er geredet hat, wohl ein Kriegsgrund. Die Strategie der östlichen Partnerschaft der EU bekommt damit eine komplett veränderte Stoßrichtung. Ziel kann es zunächst nur noch sein, die Lage zu stabilisieren, bis dieser russische Präsident Geschichte ist. Und die Krim? Die kommt nicht wieder.
nachrichten.red@volksfreund.de

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