Röslers liberales Meisterstück

Parteichef werden ist nicht schwer. Es zu bleiben dagegen sehr. Parteivorsitzende müssen hart und brutal sein. Bei der FDP erst recht. In der Führung der Liberalen gibt es keine Freundschaften, nicht mal verlässliche Kollegialität. Sondern nur die individualistische Verfolgung egoistischer Ziele und die Intrige. Bei einer Partei, die geradewegs aus einer neoliberalen Ära kommt, ist das freilich nicht wirklich überraschend.


Nun hat der junge Vorsitzende Philipp Rösler seinen ersten wirklich großen Härtetest bestanden. Er hat mit Fraktionschef Rainer Brüderle offen um die Macht gerungen, hoch gepokert und gewonnen.
Er hat gewusst, dass Brüderle zwar eitel ist, aber nicht gern verantwortlich für diesen schwierigen Laden. Deshalb konnte er Brüderle das Parteiamt anbieten, frei nach dem Motto: Ordne dich ein oder mach es selbst. Und er hat als Zeitpunkt den Rückenwind der Niedersachsen-Wahl gewählt. Brüderle ordnet sich lieber ein. Er ist nun Spitzenkandidat, was er immer sein wollte. Aber eine Nummer kleiner, was er sicher nicht wollte. Und die anderen heimlichen Putschisten wie Dirk Niebel haben keinen Ersatzvorsitzenden mehr.
Wenn man an Hans-Dietrich Genscher denkt, der 30 Jahre lang FDP-Spitzenpolitik unter wechselnden Kanzlern und Koalitionen gemacht hat, könnte man ironisch sagen: Rösler ist auf dem besten Weg, ein großer Liberaler zu werden. Ein Meister der innerparteilichen Machtkämpfe. Fragt sich nur, wie die Wähler das alles finden. Mit einer neuen Leihstimmenkampagne der Union können die Liberalen jedenfalls im Herbst nicht rechnen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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