Schicksalsfrage Hahn

Sie wird den von der CDU angekündigten Misstrauensantrag wohl überleben. Aber Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist schwer angeschlagen.

Der geplante Verkauf des Hunsrück-Flughafens Hahn endete in einem Desaster, das fatal an den Nürburgring-Sumpf erinnert. Damit hat sie den Christdemokraten eine Steilvorlage geliefert, die gerade erst installierte rot-gelb-grüne Koalition wieder zu sprengen.

Noch ganz frisch im Gedächtnis sind die Bilder der strahlenden Wahlsiegerin. Da wirkte Dreyer in Worten und Gesten geradezu berauscht vor Glück und Energie. Rote Kleidung, rote Blumen. Triumph.

Ihre Botschaft von Zuverlässigkeit, Transparenz, Volksnähe und Bodenhaftung hatte die Wähler überzeugt.

Nur knapp vier Monate später kämpft Dreyer bei der Sondersitzung des Parlaments mit versteinerter Miene um ihre Reputation, muss eingestehen, dass der Hahn-Deal wegen schlimmer Fehler geplatzt ist, versucht, wie zuvor schon der Innenminister, die Beraterfirma, deren Rolle noch zu klären sein wird, als Hauptschuldige vorzuschicken.

Auf jeden Fall aber hat die neue Dreyer-Regierung bereits zum Start einen Vertrauensverlust erlitten, der, wenn überhaupt, nur mühsam wieder auszugleichen sein wird.

Dreyer selbst sprach gestern von kriminellen Machenschaften der chinesischen Bieter. Von der Schlamperei ihres Innenministeriums, das diesen Bietern beinahe auf den Leim gegangen wäre, sprach sie nicht.

Aus gutem Grund, hatte sie die übrigens von niemandem angezweifelte Notwendigkeit, den Flughafen zu privatisieren, doch zur Chefsache gemacht.

Deswegen wird sie auch an Innenminister Roger Lewentz festhalten (müssen). Denn nicht er steht plötzlich im Fokus, sondern die Regierungschefin persönlich.

Immer mehr Ungereimtheiten waren in den letzten Tagen von den Medien an die Öffentlichkeit befördert worden. Die Regierung gab sich dazu ungewöhnlich schmallippig. CDU-Chefin Julia Klöckner wirkte fast schon wieder wie im Wahlkampfmodus, als sie Dreyer deren eigene zuversichtlichen Zitate zum nun gescheiterten Verkaufsprozess um die Ohren schlug.

Nach den gestrigen Wortbeiträgen aus den Reihen von FDP und Grünen ist nicht anzunehmen, dass sie von ihrem Koalitionspartner SPD abrücken und sich durch ein Misstrauensvotum in Neuwahlen zwingen lassen wird.
Aber eines steht fest: Gelingt es jetzt nicht, mit einem der beiden verbleibenden Interessenten ein zukunftsfähiges Konzept zur Rettung des Hahns auszuhandeln und damit dem strukturschwachen Hunsrück eine bleibende Perspektive zu geben, ist auch das Schicksal von Rot-Gelb- Grün besiegelt.

i.funk@volksfreund.de

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