Schlappe für Regierung und Opposition

Eine alte Redensart sagt: Wer wagt, gewinnt. SPD und Grüne in Rheinland-Pfalz haben mit ihrem Kommunalwahlgesetz viel gewagt- und haushoch verloren.

Das Gleiche gilt für die oppositionelle CDU. Sie hat anfangs ebenfalls den Hinweis "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" auf den Stimmzetteln zur Kommunalwahl abdrucken wollen, ehe sie umgeschwenkt ist. Wenn SPD und Grüne jetzt darauf verweisen, sie selbst hätten den Verfassungsgerichtshof angerufen, ist das nichts anderes als der klägliche Versuch, von der eigenen Schlappe abzulenken. Und die CDU bekleckert sich auch nicht mit Ruhm, wenn sie plötzlich von ihren ursprünglichen Plänen nichts mehr wissen will, nur um mit dem Finger auf Rot-Grün zu zeigen.
Die gestrige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs lässt in ihrer Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Hehre politische Ziele rechtfertigen keine Eingriffe in einen elementaren Grundsatz der Demokratie. Die Freiheit der Wahlen muss unantastbar bleiben. Bei der Stimmabgabe geht für den Staat die Tür zu. Der politische Wille des Wählers muss sich in der Kabine ungestört entfalten können.
Man sollte nicht meinen, dieses Beispiel sei das einzige dafür, dass die Parteien in Deutschland das Recht nach ihrem Gusto zu biegen und dehnen versuchen. Es mussten leider schon etliche Gesetze von Verfassungsrichtern kassiert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Gesetze zur Sicherungsverwahrung und zur Vorratsdatenspeicherung ebenso gekippt wie das zum Wahlrecht für den Bundestag.
Das Kommunalwahlgesetz ist ein gutes Beispiel für die Einfallslosigkeit der Politik. Sie beklagt zu Recht die niedrige Frauenquote von 16,8 Prozent in den rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Stadträten. Aber anstatt verstärkt Anreize zu schaffen, dass sich Frauen für das kommunale Gemeinwesen interessieren, wird gleich versucht, die Grenzen der Verfassung auszuloten. Sinnvoller wäre es, Frauen auf den Kandidatenlisten besser zu platzieren. Das haben die Parteien selbst in der Hand.
Man darf gespannt sein, welche neuen Instrumente die Landespolitiker finden. Hoffentlich sind sie bei der Suche kreativer, so dass ihnen nicht wieder der Verfassungsgerichtshof die Grenzen aufzeigen muss.
f.giarra@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort