Schmeckt das Schnitzel wirklich so gut?

Öko boomt. Die Regale der Discounter sind mit Vegi-Produkten wohlgefüllt.

Und trotzdem essen die Deutschen so viel Fleisch wie noch nie. Man muss sich nur die Preise anschauen, um zu wissen, warum: Fleisch ist billiger als manches Gemüse. 600 Gramm Hähnchenkeulen gibt es schon für 1,79 Euro. Das Kilo Nackenbraten für 3,99 Euro.
Fleisch ist viel zu billig. Denn unter dem Preisdruck, den die Discounter aufbauen, leiden viele. Tiere, die mit tränenden Augen und eiternden Wunden auf viel zu engem Raum über ihrem eigenen Kot eingepfercht sind, Bauern, die zu Dumpingpreisen verkaufen müssen und die Umwelt, die mit Gülle und Antibiotika belastet wird. Zudem ist die Viehhaltung mit ihrem hohen Flächenverbrauch laut Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen für 14,5 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Aber wäre es der richtige Weg, die Fleischpreise künstlich mit der Mehrwertsteuer zu erhöhen? Sicher nicht. Zwar würde dann womöglich etwas weniger Fleisch konsumiert. Den Tieren und den Bauern würde das jedoch nicht helfen. Auch der Gülle-Euro - also eine zusätzliche Abgabe auf hohe Güllemengen - ist keine Lösung. Denn zu mehr Tierschutz führt das nicht. Im Gegenteil. Der finanzielle Druck auf die Erzeuger würde nur weiter steigen.
An die Discounter kommt man nicht ran: Sie sind in ihrer Preisgestaltung nun einmal frei. Und alle moralischen Appelle, das Fleisch nicht noch billiger zu machen, sind bisher ungehört verhallt. Der Preiskampf geht weiter.
Natürlich könnte der Gesetzgeber den Tierschutz verschärfen. Stellenweise wäre das auch wünschenswert: Muss man trächtige Kühe schlachten und die Kälbchen als Müll entsorgen? Kann man Ferkel nicht betäuben, ehe man sie kastriert? Und warum gibt man den armen Schweinen nicht ein bisschen mehr Platz?
Die wahre Macht jedoch hat der deutsche Verbraucher. Leider nutzt er sie viel zu wenig. Schmeckt das Packungsschnitzel wirklich so gut, dass man all das dafür in Kauf nimmt? Muss man fünf Mal, sieben Mal, zehn Mal die Woche billiges Fleisch essen? Wäre der Genuss nicht viel größer, wenn man sich stattdessen wenige Male etwas richtig Gutes aus der Region leistet? Die Fastenzeit ist genau der richtige Moment, das herauszufinden. Auch der Doktor würde danken.
k.demos@volksfreund.de

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