Schwarze Öko-Welle

Glaubt man den offiziellen Verlautbarungen der Grünen, dann bahnt sich bei der CDU eine ökologische Betonköpfigkeit von ungeheurem Ausmaß an.

Der Beschluss der Unionsspitze zum Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz wird wahlweise als Rückfall ins Atomzeitalter oder reines Lippenbekenntnis apostrophiert. Die rhetorische Breitseite mag zwei Umständen geschuldet sein: Bei ihrem Urthema lassen sich die Grünen ungern von anderen die Schau stehlen. Außerdem versucht die Union mit ihrem grünen Anstrich bei Wählern im städtischen Milieu zu punkten, die sie seit vielen Jahren leichtfertig verprellt - und den Grünen in die Arme getrieben hat. Insofern wäre es sicher zu kurz gedacht, die Öko-Welle aus dem Konrad-Adenauer-Haus diene ausschließlich der Vorbereitung schwarz-grüner Bündnisse. Die Umwelt und der Klimawandel sind einfach zu wichtig geworden, als dass sie die Volkspartei CDU noch als Selbstbespiegelung grüner Spinner abtun könnte.Zweifellos war die Union noch nie so grün wie heute. Wer das jüngste Beschlusspapier liest, kann sich diesem Eindruck schwer entziehen. Vom "Leitbild der nachhaltigen Entwicklung" ist dort die Rede und von einer angestrebten Versöhnung zwischen Umwelt und wirtschaftlichem Wohlstand. Die Solarenergie soll in den kommenden Jahrzehnten einen enormen Aufschwung erfahren. Ja, selbst für eine Liebeserklärung an das Fahrrad waren sich die Autoren nicht zu schade. Jeden dieser Punkte könnten die Grünen bedenkenlos unterschreiben. Und was den kardinalen Dissens bei der Atomenergie angeht, so lohnt auch hier ein Blick ins Kleingedruckte. Vom ewigen Glauben an die Kernkraft hat sich die CDU schon wegen der ungeklärten finalen Entsorgung des radioaktiven Mülls entfernt: Verlängerung der Laufzeiten ja, aber nur so lange bis neue klimafreundliche Energieträger ausreichend zur Verfügung stehen, lautet die Maxime. Was wäre daran so schlimm? Die aktuelle Preisexplosion auf dem Öl- und Gasmarkt resultiert nicht nur aus der vermehrten Nachfrage in China oder Indien. Die fossilen Brennstoffe gehen schlicht eher zur Neige als bis vor wenigen Jahren prophezeit. Auf drei Barrel verbrauchtes Öl kommt nur noch ein Barrel entdecktes Öl. Wie sich dieser unerwartete Engpass in relativ kurzer Zeit durch regenerative Energieträger wie Sonne, Wasser oder Wind ausgleichen lässt, wissen auch die Grünen nicht überzeugend darzulegen.

Natürlich ist das Öko-Papier der CDU auch eine Handlungsanleitung für weitere schwarz-grüne Bündnisse bis hin zur Bundesebene. Angela Merkel braucht neue Optionen, um jenseits der ungeliebten Großen Koalition Kanzlerin zu bleiben. Und auch die Grünen spüren, dass es trotz ihrer traditionellen Nähe zur SPD überlebensnotwendig ist, die Lagertheorie endgültig über Bord zu werfen - politisch und ökologisch.

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