Unverschämtes Versprechen

Alles im grünen Bereich, kein Grund zur Panik - das war unlängst die Botschaft von Telekom-Chef René Obermann, als er vor zwei Wochen die Quartalszahlen des Unternehmens vorlegte. Okay: Der Umsatz ist gegenüber dem Vorjahr ein wenig rückläufig, der Kundenbestand ebenso.

Aber er sei zuversichtlich, meinte Obermann, den Aktionären am Ende des Geschäftsjahres wieder eine satte Dividende zahlen zu können. Um welchen Preis ist spätestens seit gestern klar: Von den bundesweit 63 Callcentern des Konzerns wird über die Hälfte geschlossen, darunter auch das Callcenter in Trier. Eine Hiobsbotschaft für 120 Beschäftigte und deren Familien. Da nutzt auch die Beruhigungstablette nichts, die Obermann und Co. mit der bitteren Pille verschickten: Jedem der 8000 betroffenen Mitarbeiter bundesweit werde ein neuer Arbeitsplatz angeboten, so ihr vollmundiges Versprechen. Klingt gut, ist aber in Wahrheit eine Unverschämtheit. Denn klar ist auch, dass allenfalls ein Bruchteil der ohnehin schlecht bezahlten Callcenter-Mitarbeiter davon Gebrauch machen wird, Gebrauch machen kann. Wer nur einen Hungerlohn verdient, kann nicht täglich auch noch hunderte Kilometer pendeln oder in die nächstgelegene Callcenter-Stadt Bonn umziehen, wo die Lebenshaltungskosten deutlich höher sind als in und um Trier. Klar ist damit: Für viele Telekom-Beschäftigte bedeutet die Schließungs-Orgie Arbeitslosigkeit. René Obermann hat unlängst gesagt, die Personalkosten müssten weiter sinken. Wer die Zeche zahlen muss, hat er gestern verraten.

r.seydewitz@volksfreund.de

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