Wieder auf Kurs!?

So leicht, wie sie vielleicht dachte, wird Angela Merkel die Bundestagswahl nicht gewinnen. Die SPD hat ihre Führung neu geordnet, und schon sind die Karten neu gemischt.

Die Finanzkrise spielt dabei auch eine Rolle. Sie gibt den Sozialdemokraten Auftrieb. Die SPD kann nun sagen, sie habe ja schon immer vor den neoliberalen Auswüchsen gewarnt. Hat sie? Es entsteht eine logische Lücke, wenn der Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und der neue, alte Parteivorsitzende Franz Müntefering, wie am Samstag gesehen, den Primat der Politik einfordern. Denn die beiden hatten in den letzten zehn Jahren Regierungsverantwortung und alle Chancen, den Markt der Politik unterzuordnen. Waren auch sie zu neoliberal? Die Linken werden den Finger in diese Wunde legen. Immerhin: Steinmeier wie Müntefering wollen die Prioritäten der SPD-Politik neu definieren, und das ist mehr als notwendig. Weg von den Rand-Themen, weg von der Rolle als Betriebs- und Armenrat der Nation. Denn jetzt geht es um das Ganze. Steinmeier hat ein Bekenntnis zur industriellen Basis Deutschlands abgelegt. Mit seiner Einladung an Unternehmer, in der SPD mitzumachen, mit seinem Ziel der Vollbeschäftigung, hat er sich in die Tradition Helmut Schmidts gestellt. Das dürfte bei vielen verunsicherten Wählern der Mitte ankommen.

Vordergründig ist die aktuelle Aufstellung der SPD für die Union also durchaus beeindruckend. Aber die Mäuse, die bei Kurt Beck auf dem Tisch tanzten, sind nicht verschwunden, sondern nur abgetaucht. Das ist Risiko Nummer eins. Es ist überhaupt noch nicht ausgemacht, dass Steinmeier dem Wahlprogramm der SPD ohne größere Brüche seinen Stempel wird aufdrücken können. Er hat dabei keine eigenen innerparteilichen Bataillone. Seine Machtabsicherung heißt Franz Müntefering. Die Konstellation weckt Erinnerungen an das Führungsduo Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine, das sich belauerte und zerstörte. Bei Steinmeier/Müntefering ist eine solche Auseinandersetzung bis zur Wahl unwahrscheinlich. Aber beide haben das Potenzial, einen Machtkampf zu führen, wann immer sie das für notwendig halten. Das ist Risiko Nummer zwei. Wer die SPD wirklich lenkt und wohin die Partei wirklich will, das wurde auch am Samstag noch nicht entschieden. Aber die Zuversicht ist wieder da und der Machtwille. In der Politik ist das schon die halbe Miete.

nachrichten.red@volksfreund.de

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