Wo ist die "AG Sparen"?

Guido Westerwelle nennt das schwarz-gelbe Bündnis gerne einen "Neuanfang". Angela Merkel nicht. Aus gutem Grund: Die Kanzlerin würde damit den letzten vier Jahren ihrer eigenen Regierungszeit mit der SPD ein miserables Zeugnis ausstellen.

Außerdem weiß die CDU-Chefin: Wer einen Aufbruch in der Politik verspricht, legt die Latte besonders hoch. Enttäuschungen sind da unausweichlich. Und inzwischen ist ja offensichtlich, dass Union und FDP dabei sind, ihren Start zu verkorksen - als ob Merkel es geahnt hätte.

Ein Stückchen wirklicher und mutiger Neuanfang wäre gewesen, eine elfte Arbeitsgruppe einzurichten. Ihr Name: "AG Sparen". In den guten Zeiten hat schon Finanzminister Steinbrück von der SPD alles andere als vehement den Etat durchforstet, um sein Ziel des ausgeglichenen Haushalts schneller zu erreichen. Möglich wäre das gewesen. Auch Schwarz-Gelb belegt nun, dass das Sparen nicht zum Markenzeichen wird.

In der Opposition wedelte FDP-Chef Westerwelle gerne mit seinem milliardenschweren "liberalen Sparbuch" herum. Es ist aber nicht überliefert, dass er das Pamphlet bei den Koalitionsverhandlungen wieder auf den Tisch geknallt hat. Und fragt man Unionspolitiker nach ihren Ideen, hört man lediglich, man setze auf Wachstum, um zu konsolidieren. Wer aber vollmundig verkündet, den Haushalt sanieren zu wollen, die Steuern zu senken und weitreichend zu investieren, der ist ein Scharlatan. Deshalb bleibt nur ein beliebtes politisches Instrument: Trickserei.

Ob sie nun Schattenhaushalte, Sondervermögen oder Fonds heißen: So im regulären Etat Spielräume freizuschaufeln und die Schuldenbremse zu umgehen, bedeutet, die Menschen für dumm zu verkaufen. Denn damit wird der tatsächliche Kreditbedarf lediglich verschleiert. Die Zeche zahlen müssen die Bürger am Ende auch. Das weiß jeder. Und immer deutlicher wird, dass diese Koalition ihr Steuersenkungsversprechen nur halten kann, wenn sie dem Prinzip rechte Tasche, linke Tasche verfällt: Runter mit den Steuern, rauf mit den Sozialbeträgen für Arbeitnehmer. Ist das ein Neuanfang, wie ihn Westerwelle beschwört? Nein. Und hat die FDP in der Opposition nicht gar ein Neuverschuldungsverbot gefordert? Geschwätz von gestern.

Ehrlich wären Union und Liberale, wenn sie sagen würden: Um Wachstum zu fördern, machen wir Steuersenkungen, allerdings auf Pump. Ohne Tricks und doppelten Boden. Dafür sind sie aber zu feige. Den Start ins neue schwarz-gelbe Zeitalter hat das Bündnis damit vermasselt - ausgerechnet in der Steuer- und Finanzpolitik.

nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort