Zu viel Druck bringt nichts

Athen ist mit der Schuldenlast überfordert.

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: Mathias Krohn

Nie und nimmer wird Griechenland seine Schulden zurückzahlen. Über 300 Milliarden Euro Verbindlichkeiten könnte der Staat, dessen jährliche Wirtschaftsleistung gerade mal halb so groß ist, nur abbauen, wenn es eine kräftige Wachstumsphase gäbe. Nur: In genau die wird Griechenland nicht kommen, so lange es diese Schuldenlast hat, die wie ein Damoklesschwert über allem schwebt. So lange fehlt auch das Vertrauen von Investoren in die politische Stabilität. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz, und jeder der am aktuellen Rettungsdeal Beteiligten weiß es.

Die griechische Regierung versucht immer wieder, Zeit zu gewinnen, um nicht von den eigenen Bürgern hinweggefegt zu werden. Alexis Tsipras ist das bisher noch am besten gelungen. Überhaupt gibt es erste zarte Pflänzchen einer Erholung. Doch wenn das aktuell mit den Gläubigern ausgehandelte Spar- und Reform-Paket mit seinen neuerlichen Rentenkürzungen und Steuerbelastungen durch das Athener Parlament muss, könnte es auch für den Linkssozialisten eng werden. Schon sind Generalstreiks angesagt.

Die Euro-Gruppe, allen voran Deutschland, weiß ebenfalls um die Lage. Immer weiter sind die Zinslasten schon gesenkt und Rückzahlungsfristen gestreckt worden. Nur um auf keinen Fall zugeben zu müssen, dass all das Griechen-Geld langfristig sowieso verloren ist, auch das deutsche. Vor allem Wolfgang Schäuble verweigert diese Wahrheit seinen Bürgern. Jedenfalls bis zur Bundestagswahl.

Es stimmt: Jedes zu weite Entgegenkommen hätte Griechenland nicht geholfen, im Gegenteil. Alle politischen Kräfte in dem fast schon unregierbaren Land hätten eine Lockerung des Druckes nur genutzt, um möglichst wenig zu verändern. Nur: Zu viel Druck kann auch strangulieren. Griechenland hat eine Arbeitslosigkeit von fast 25 Prozent, die Wirtschaftsleistung ist seit 2010 um ein Drittel geschrumpft, große Teile der Bevölkerung sind verarmt.

Der IWF hat international die größte Erfahrung mit solchen Situationen. Er gilt nicht gerade als zimperlich, was seine soziale Empathie angeht, und als fordernd bei Reformprogrammen. Deshalb wollte gerade Berlin ihn immer im Gläubigerkreis haben. Richtig so. Nun aber, beim dritten Rettungspaket, verlangt der Fonds als einzige der beteiligten Institutionen einen massiven Schuldenschnitt, sonst will er nicht mehr mitmachen. Weil es sonst langfristig keinen Sinn mehr macht. Schäuble hat dem Bundestag versprochen, dass es ohne IWF nicht weitergehe. Seit zwei Jahren wird die Erfüllung dieses Versprechens hinausgezögert. Wann wird den Bürgern in Deutschland, in Griechenland, in ganz Europa endlich reiner Wein eingeschenkt?

nachrichten.red@volksfreund.de

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