Arrogant, menschenverachtend, geschmacklos, beleidigend

Zum Artikel "Langer Schatten der Vergangenheit" (TV vom 22. Juni) diese Zuschrift:

Das aktuelle Demonstrieren nationaler Interessen sowie das teilweise unübertrefflich arrogante, ja mitmenschenverachtende Auftreten einiger europäischer Staatsmänner und -frauen in Brüssel muss die Frage erlauben, ob vor diesem Hintergrund ein vereinigtes Europa eine solide Basis haben kann, ja sogar, ob ein solches Europa überhaupt erwünscht ist! Wer sich wie der polnische Ministerpräsident nicht zu schade ist, die Toten und Nichtgeborenen des eigenen Volkes als zynisches Argument im aktuellen Geschacher um mehr oder weniger Stimmenmacht zu entweihen, der sollte sich auch fragen lassen, warum er mit diesen Deutschen dann überhaupt in einer Gemeinschaft leben will? Um allen Missverständnissen vorzubeugen, es geht mir nicht darum, die Naziverbrechen vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg in irgendeiner Form schönzureden, zu bagatellisieren oder gar zu leugnen. Deutschland hat in der Nachkriegszeit als treibende Kraft an einem Europa der Verständigung, des Miteinanders, irgendwann vielleicht sogar einem Europa der Freundschaft und des gegenseitigen Vertrauens mitgearbeitet. Nicht zuletzt deshalb finde ich es unerträglich, wenn immer wieder, vor allem wenn es um machtpolitisches Kalkül geht, der Begriff der "historischen Schuld" ausgegraben wird. Eine historische Schuld gibt es nicht. Man kann nicht für alle Zeiten nachfolgenden Generationen nach Gutdünken Schuld für vergangene Zeiten aufbürden, wenn es einem gerade in den Kram passt. Hier geht es vielmehr um eigene Interessen, für die durchzusetzen anscheinend so ziemlich jedes Mittel recht scheint. Wenn einige unserer europäischen Nachbarn immer wieder in geeignet erscheinenden Momenten das "Argument" der "historischen Schuld" missbrauchen, zeigt das einerseits fehlende echte argumentative Gesprächsbereitschaft, andererseits bekommt Deutschland damit die Rolle des potenziellen Sündenbocks. Durch den imaginären erhobenen Zeigefinger "Gell, ihr wisst ja, damals..." kann aber niemals echtes Vertrauen und Miteinander wachsen, schon gar nicht, wenn es dabei nur ums Bezahlen geht.Von unseren Politikern erwarte ich in Zukunft, dass sie derartigen geschmacklosen Äußerungen mit dem gebotenen Maß an Höflichkeit, aber auch entschiedener Zurückweisung begegnen. Ein friedliches Europa für die Zukunft ist wirklich wünschenswert, dafür bedarf es aber mehr Anstrengungen als berechnendes und taktisches Beleidigen.Michael Zimmermann, Konz EU-GIPFEL

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