Aus der Steinzeit

In seinem Leserbrief verlangt Josef Saxler eine sachliche Diskussion der Atomenergie, wobei er den Ausstiegsbefürwortern ideologische Borniertheit testiert. Richtig ist, dass in den nächsten Jahrzehnten in Schwellen- und Entwicklungsländern ein dramatischer Bedarfsanstieg an Energiedienstleistungen, bei uns eine zunehmende Abhängigkeit von endlichen Energien zu erwarten ist, was - unter Beibehaltung traditioneller Versorgungsstrukturen - zu steigenden Energiepreisen und zur Destabilisierung des Weltklimas führt.

Der Versuch, den global explodierenden Energiebedarf mit Nuklearstrom zu befriedigen, ist jedoch zum Scheitern verurteilt: Weltweit decken derzeit 450 AKWs rund 6,5 Prozent des globalen Energiebedarfs. Um bei verdoppeltem globalen Verbrauch 2050 ein Drittel davon per Atom zu decken, wären mehrere tausend AKWs und wegen sinkender Uran-Verfügbarkeit der Übergang zur erheblich gefährlicheren Schnelle-Brüter-Technologie mit Plutonium als Brennstoff nötig. Das wäre nicht nur extrem teuer, sondern auch in Anbetracht der globalen Terrorgefahr eine immense Potenzierung der Risiken. Es bleibt also nur ein Weg, den globalen Energiebedarf der Zukunft zu decken, das Klima zu stabilisieren und Frieden zu sichern, nämlich der Umstieg auf die drei "E" der zukunftsfähigen Energiepolitik: 1. Effizienz, 2. Einsparung (schon heute ist es technisch möglich, unseren Energiedienstleistungsbedarf mit nur einem Drittel des Primärenergieverbrauchs ohne Konsumverzicht(!) zu decken) und 3. Erneuerbare (zum Beispiel Sonne, Wind), dezentral und damit demokratisch, je nach Bedarf und Verfügbarkeit. Je schneller dies geschieht, desto sozialer, demokratischer, sicherer, naturverträglicher ist die Energieversorgung und damit auch die Politik. Ein Wiedereinstieg in die Atomenergie verbaut jedoch diesen Weg, da die in sie investierten Finanzmittel für den Umstieg fehlen und der viele Atomstrom Energie-Effizienzsteigerungen (Einsparungen) hinfällig machen würde. In Anbetracht dieser Situation stellt sich die Frage, wer ideologiebedingte Einstellungen zur Energieproblematik hat: Diejenigen, die zukunftsorientiert das solare Zeitalter anstreben, oder die, die an der steinzeitlichen Atomenergie festhalten? Nobert Bogerts, Welschbillig

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