BILDUNG

Zum Artikel "Gewerkschafter fordern 1000 neue Lehrer für Rheinland-Pfalz" (TV vom 4. Dezember):

Seit ich im Trierischen Volksfreund die neuesten statistischen Aussagen zum Unterrichtsausfall zur Kenntnis nehmen konnte, lässt mir vor allem der Satz keine Ruhe, mit dem die neue Bildungsministerin Vera Reiß zitiert wird: "Es gibt Schulen, die können es einfach nicht so gut." Seitdem grüble ich, zu welcher Gruppe unsere Schule gehört. Im November hatten wir 1966 Unterrichtsstunden zu erteilen. Davon sind nur acht Stunden, also 0,4 Prozent, tatsächlich ausgefallen. Das ist ja kaum der Rede wert, hurra, unsere Statistik ist ja sogar noch besser als die Landesstatistik. Doch wie gelingt uns das? Drei Prozent des Unterrichts wurden durch Vertretungsstunden in Mehrarbeit durch Lehrkräfte reguliert, zusätzlich wurden in 3,7 Prozent der Vertretungsfälle Teamteachings aufgelöst, und in weiteren 1,9 Prozent wurde die Differenzierung in Kurse aufgehoben. Dazu kommen weitere 0,5 Prozent Mitbetreuung von Klassen bei offenen Klassenzimmertüren. Eine einfache Addition belegt: 9,1 Prozent der Unterrichtsstunden wurden zusätzlich zum minimalen Ausfall nicht regulär erteilt. Wie ist das jetzt? "Können" wir es, weil kaum Unterricht ausfällt, oder "können" wir es nicht, weil über neun Prozent des Unterrichts nicht regulär erteilt wurden? Was heißt das eigentlich für das Kollegium? Nur durch enormen Arbeitseinsatz lassen sich Vertretungsstunden und Kurs auflösungen so gestalten, dass für die Schülerinnen und Schüler einigermaßen sinnvoller Unterricht erteilt wird. Es gibt keine Woche, ja kaum einen Tag, an dem der Unterricht so gehalten werden kann, wie er im Stundenplan steht. Fortwährend muss auf dem Rücken der Kinder und Lehrkräfte umgeplant, umorganisiert und improvisiert werden. Auch der gut gemeinte Rat von Bildungsministerin Reiß, das Augenmerk verstärkt auf den Pflichtunterricht zu legen, ist kontraproduktiv. Die Aufzählung, was alles kein Pflichtunterricht sei (und deswegen verzichtbar), klingt verdächtig nach dem berühmt-berüchtigten "Gedöns". Konfessioneller Religionsunterricht? Gesetzlich vorgeschrieben! Geschlechtertrennung im Sport? Zumindest in höheren Klassen aus offensichtlichen Gründen dringend geboten! Fördermaßnahmen? Ja, was denn sonst, bei ständig steigender Heterogenität in den Klassen! Ach ja, bevor ich es vergesse: Strukturell unterversorgt (zugegebenermaßen nicht übermäßig, aber spürbar) sind wir natürlich auch. Ich bin mir übrigens sicher, dass ich mit meinen Darlegungen nicht nur die Situation in Salmtal beschreibe. Das Entweder-oder heißt: Entweder fällt deutlich mehr Unterricht aus als die Statistik aussagt, oder man "behilft" sich wie beschrieben. Fazit: Frau Ministerin, wir können es. Aber wir brauchen die Ressourcen! Peter Riedel, Schulleiter, Inte grierte Gesamtschule Salmtal

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort