Das Ende einer Ära

Zum Artikel "Bis zum bitteren Ende" (TV vom 17. August):

Der TV berichtet über die Schließung der letzten 20 Hertie-Kaufhäuser in Deutschland, durch die 2600 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren haben. Am Ende einer Ära sollte man auch an ihren Anfang erinnern, damit dieser nicht in Vergessenheit gerät. Da gilt es zunächst an den Namensgeber von "Hertie" zu erinnern, den jüdischen Kaufmann Hermann Tietz, der sich 1884 in Rostock und Berlin selbstständig machte. 1927 übernahm er den Jandorf-Konzern mit dem KaDeWe und schuf so bei einem Umsatz von 300 Millionen Reichsmark einen der größten Warenhauskonzerne des Deutschen Reichs.

Bereits vor 1933 sah das Programm der NSDAP die Zerschlagung der großen Geschäfte vor, schon 1930 waren bei einem anderen renommierten Warenhaus, bei "Wertheim", Schaufenster eingeschlagen worden. Über die Banken, welche Kredite gewährten, wurde Einfluss genommen, und diese entweder in die Insolvenz gedrängt oder sie wurden "arisiert". Dieses Schicksal traf auch Hermann Tietz. Das Geschäft seines Bruders Leonard Tietz wurde ebenfalls von den Nationalsozialisten "arisiert" und in "Kaufhof" umbenannt. Sehr tragisch auch das Ende dieser jüdischen Kaufmannsfamilie: Der Sohn der Gründerfamilie, Georg Wertheim, schenkte sein gesamtes Vermögen seiner nicht-jüdischen Ehefrau, konnte aber die "Arisierung" mit diesem Schachzug nicht verhindern. Diese erfolgte 1937, aus "Wertheim" wurde die AWAG (Allgemeine Warenhandels AG). 1951 übernahm "Hertie" die "Wertheim"-Häuser. Die Wende brachte 1989 eine neue Situation: Karstadt, später Karstadt/Quelle, das inzwischen "Hertie" übernommen hatte, beanspruchte in der Wertheim-Rechtsnachfolge die alten Grundstücke. Am 27. März 2009 wurde das letzte Wertheim-Warenhaus in Berlin-Steglitz in "Karstadt" umbenannt. Am 15. August 2009 schlossen die letzten Hertie-Warenhäuser. Damit endete das letzte Kapitel in der Geschichte der jüdischen Warenhäuser Deutschlands.

Jutta Albrecht, Trier

Wirtschaft

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