Das Gegenteil von Fortschritt

Zum Artikel "Ein Fernseh-Glücksfall" (TV vom 9. November):

Den Artikel von Dieter Lintz zum Fernsehfilm "Nur eine einzige Tablette" finde ich einfühlend, behutsam und der Tragik des Themas entsprechend ausgewogen. Allerdings scheint mir die in die heutige Zeit gerichtete Aussage "Die Zeiten haben sich mächtig Richtung Menschlichkeit verändert" sehr gewagt und sicherlich nur in Teilbereichen zutreffend. Wenn man die Situation der Film-Familie Wegener in unsere Zeit versetzt, wären schon sehr früh in der Schwangerschaft von Frau Wegener die schlimmen Missbildungen ihres Kindes erkannt worden, verbunden mit einem ungeheuren Druck in Richtung Abtreibung. Hätten sich die Eltern für diese entschieden, wäre das Leben des zwar enorm körperlich behinderten, aber intelligenten und lebensbejahenden Kindes (wie im Film gezeigt) zerstört worden. Hätten sich die Eltern jedoch für ihr behindertes Kind entschieden, wären sie heute dem größten Unverständnis und massiven Vorbehalten ausgesetzt. Den einzigen Unterschied zu den 60er Jahren sehe ich in der erleichterten Abtreibung behinderter Kinder, und das ist für mich kein Fortschritt in Sachen Menschlichkeit, sondern genau das Gegenteil.Dr. Wilhelm Theisen, Trier contergan-film

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